H. H.
Bis zum 12. Lebensjahr lebte ich zuhause bei den Eltern in H.-B.
Nach dem mein Vater wieder geheiratet hatte, gab es aber Schwierigkeiten mit der neuen Stiefmutter und deren Tochter.
Deshalb kam ich am 13. Oktober 1963 (im Alter von 12 Jahren) in das Stephanstift nach Hannover-Kleefeld.
Meine Sehnsucht nach meiner Familie führte nach einem halben Jahr zu dem Versuch, wieder nach Hause zu kommen.
Dabei wurde ich in Hannover von der Polizei aufgegriffen und in das Stephanstift zurückgebracht. Durch eine Lüge konnte ich aber eine Bestrafung verhindern.
Nach einem weiteren halben Jahr versuchte ich es erneut, wurde aber wieder in Hannover von der Polizei entdeckt. Im Stephanstift gab es dann 5 Schläge mit einem dünnen Rohrstock auf das Gesäß.
Im Herbst 1964 versuchte ich die Rückkehr zum dritten Mal. Da wurde ich in
Hannover im Zug von der Bahnpolizei aufgegriffen. Im Stephanstift bekam ich vom Hausvater Herrn Wietenberg 10 Rohrstockschläge auf das nackte Gesäß.
Anschließend mußte ich vor dem Hausvater knien, der vor mir saß. Er nahm meinen Kopf und drückte ihn in seinen Schoß. Dabei merkte ich, daß er sexuell erregt war.
ein Stück ab. Die im Paket befindlichen Süßigkeiten wurden ebenfalls nur an die anderen Kinder verteilt. Die im Paket befindliche Grußkarte für mich wurde von der Erzieherin vor uns allen in kleinste Stücke gerissen und in das leere Paket geworfen, das ich dann als Müll wegbringen mußte.
Dieses Erlebnis führte umgehend zu meinem vierten Versuch, wieder nach Hause zu kommen.
Ich übernachtete zunächst in Hann.-Eilenriede im Freien (mit Laub zugedeckt), bin dann getrampt und kam bis Eschede. Dort habe ich auf dem Parkplatz eines Supermarktes ein Fahrrad entwendet und fuhr damit Richtung Lüneburg. In Unterlüß fiel ich dann einer Polizeistreife auf, die meine Herkunft durch die Kennzeichen in meiner Wäsche (KH = Knabenhof Stephanstift) feststellten, mich mitnahmen zur Polizeistation Eschede und meine Ergreifung nach Hannover meldeten.
Der Hausvater Herr Wietenberg kam dann mit seinem Pkw und holte mich dort ab.
In Hannover im Büro wurden mir dann die Haare abgescnitten, in der Mitte des Kopfes blieb ein Büschel Haare stehen und dort wurde eine rote Schleife eingebunden. Diese rote Schleife mußte vier Wochen getragen werden. Jeden Morgen um 8.oo Uhr beim Apell mußte die Schleife glatt sein, sonst wurde diese Strafe um jeweils eine Woche verlängert.
Außerdem gab es sofort noch 15 Stockschläge auf den nackten Hintern, wobei ich das Lied "Aus tiefer Not schrei ich zu diü' singen mußte.
Anschließend mußte ich wieder vor dem Hausvater knien, der vor mir saß. Er nahm meinen Kopf und drückte ihn in seinen Schoß. Diesmal war dabei die Hose geöffnet. Ich stieß ihn aber von mir und sagte, ich wolle zu meiner Gruppe.
Da die Kinder in meiner Gruppe während meiner Abwesenheit ebenfalls bestraft wurden (Verbot von Stadtausgang, Streichung von Freizeitgestaltung), führte diese Form der "Selbsterziehung"' dazu, daß die anderen gemeinsam versuchten, sich dafür zu rächen und mich nachts zu verprügeln.
Da ich mich erfolgreich wehren konnte und meinen Erzieher und Gruppenleiter Herrn Krug) alarmierte, kam ich zu meinem Schutz in ein Integrationszimmer.
Allerdings besuchte mich dort dann Herr Krug im Bademantel und wollte mich zunächst trösten. Dann legte er sich - inzwischen ohne Bademantel - zu mir und es kam zu den ersten sexuellen Übergriffen.
In den 14 Tagen im Integrationszimmer kam er immer wieder. Er bestimmte auch, wie lange der Aufenthalt dort nötig war.
Im Frühjahr 1965 wandte ich mich dann wegen der sexuellen Übergriffe an den Heimleiter (Pastor Jannsen). Ich hatte den Wunsch geäußert, in die Außenstelle Borstel (Krs. Nienburg / jetzt Kreis Diepholz) zu einer Pflegefamilie zu kommen.
Nach seinem Gespräch mit dem Hausvater Herrn Wietenberg wurde ich dann im April 1965 nach Borstel verlegt.
In der Pflegefamilie auf einem Bauernhof in Borstel wurde ich als billiger Knecht gehalten. Morgens um 5.30 Uhr aufstehen und melken, nach der Schule und Mittagsmahlzeit ging es um 13:00 Uhr auf Feld oder zu Hofarbeiten, anschließend wenn ich nach Ansicht des Pflegevaters zu wenig gearbeitet hatte, gab es auch weniger Essen mit dem Spruch "wie die Arbeit, so der Lohn".
Der Heimleiter in Borstel (Herr Jedamski) verunglückte leider nach 3 Wochen tödlich.
Der neue Hausvater (Herr Schlüter) war mir noch unbekannt. Er war zwar sehr kräftig, prügelte aber nicht. Auf seine Veranlassung gab es dann in der
Duschabtrennung eine Bohrung (von außen, schräg nach unten), durch die er uns Jugendliche beobachten konnte.
Als die Megung in Borstel weiter aufgestockt wurde, wurde zusätzlich ein
Stellvertretender Heimleiter eingesetzt: Das war dann Herr Krug (ehemals mein Erzieher in Hann.), der mich bei "Fehlverhalten" sonntags um 14.00 Uhr zu sich bestellte und dann seine sexuellen Übergriffe wieder versuchte.
Ich wehrte mich und sagte ihm, daß ich alles meinem Pflegevater erzählen würde, wenn er mich nicht in Ruhe ließe. Daraufhin hat er es bei mir nicht mehr versucht.
Im März 1967 wurde ich dann vom Stephanstift wieder entlassen und kehrte zu meiner Familie nach B. zurück.
Die sexuellen Übergriffe, Demütigungen und Erniedrigungen, denen ich im
Stephanstift ausgesetzt war, haben auch dazu geführt, daß ich später als
Erwachsener nicht bindungsfähig war und bin und keine längere Beziehung möglich!
Ich habe die Ursache dafür erst jetzt erkannt.
Bei dem Schmerz, den ich auch heute beim zurück denken immer wieder spüre, habe ich auch die Frage, warum das damals so sein mußte - auch wenn ich die Betroffenen wohl nicht mehr damit konfrontieren kann.
Ich hoffe, daß meine Erfahrungen mit dazu beitragen können, daß die
gesellschaftliche Aufmerksamkeit dafür zunimmt und jungen Menschen ähnliches erspart bleibt.