B. D. - Meine Geschichte

Aus den Erzählungen und Berichten meiner Mutter entnehme ich folgende Darstellung ihrer Geschichte:
Meine Großmutter starb 1936 und hinterließ 3 Kinder:
W...... geboren 1932
M....... geboren 1934
E......, meine Mutter geboren 1935

Mein Großvater heiratete sehr schnell wieder um die Kinder versorgt zu haben, meine Stiefoma. Die Großeltern waren streng katholisch. Gelebt wurde in einer 2 Zimmer Wohnung, bestehend aus Schlafzimmer, Wohnzimmer, Wohnküche, Toilette eine Etage tiefer.

1938 bekam mein Stiefoma ihr erstes und einziges Kind, einen Sohn A......., er war ein Wunschkind von ihr und fortan ihr Liebling. Meine Mutter litt sehr unter ihrer Stiefmutter, spricht man sie heute darauf an, ist es als ob man einen Knopf drückt. Mit viel Emotion erzählt sie dann, die war ja so lieblos, die hatte nie mal ein freundliches Wort, sie hatte kein Verständnis, es wurde nie was erklärt, es wurde sofort drauf geschlagen, sie hatte immer nur schlechte Laune und machte immer ein miesepetriges Gesicht. Demütigung und Prügel waren an der Tagesordnung.

Mit 3 Jahren musste meine Mutter jedem Besucher folgenden Spruch aufsagen:
L..... E......, F...... am Rhein, könnte ein bisschen bräver sein, 3 Jahre alt, noch ledig, keine Aussicht auf Heirat. Die Besucher lachten sich darüber kaputt.

Als meine Mutter 4 Jahre alt war begann der 2. Weltkrieg, den sie miterleben musste und die harten Jahre der Nachkriegszeit, wo es kaum zu essen gab. Nach ihrem Hauptschulabschluss wurde sie von meinen Großeltern gedrängt in einer Fabrik zu arbeiten, um Geld zu verdienen. Eine Ausbildung wurde ihr nicht ermöglicht. Eine schöne Beziehung zu einem Mann gab es für sie nicht, sie hatte nur Affären. Die Begegnung mit meinem Vater soll folgendermaßen verlaufen sein: Mein Vater war bereits verheiratet und hatte schon eheliche Kinder. Nach einer Faschingsveranstaltung soll er meine Mutter auf einer Parkbank zum Sex gezwungen haben, im Februar 1955.

Ein paar Wochen danach muss meine Mutter die Schwangerschaft bemerkt haben und wenig erfreut darüber gewesen sein. Sie wollte mich abtreiben, was ja damals nicht legal war. Allerdings erzählte sie dies, bevor es zu diesem Abtreibungsversuch kam, meiner Großmutter. Es muss einen Riesenaufstand gegeben haben, mein Großvater ging zu der Frau, die das machen sollte und sagte „ unterstehen sie sich, das Kind weg zu machen “ und drohte mit Polizei. Mein Stiefoma zwang meine Mutter mich auszutragen, denn schließlich waren sie gut katholisch.

Die Familie bewohnte immer noch dieselbe 2 Zimmerwohnung. W..... war mittlerweile ausgezogen und verheiratet. M...... wurde auch schwanger und musste den Kindsvater heiraten.

Für meine Mutter war die Schwangerschaft sehr unangenehm und schon während der Schwangerschaft hasste sie mich abgrundtief. Als ich am xx.yy.19xy auf die Welt kam, war das für niemanden ein besonders freudiger Anlass, am allerwenigsten für meine Mutter. Mich zur Adoption frei zu geben, war kein Thema, ein Kind gibt man doch nicht her, das kriegen wir schon groß, war die Auffassung der Stiefgroßmutter.
Wir lebten nun mit 5 Personen in dieser kleinen 2 Zimmerwohnung: Großvater, Stiefoma, meine Mutter, Alois und ich. Gelebt habe ich hier bis zum Alter von 13 Jahren und habe hier die Hölle auf Erden erlebt.

Mein Erinnerungsvermögen fängt so etwa im Alter zwischen 3und 4 Jahren ein. Das kann ich daher sagen, da ich mich erinnere, wie meine Stiefoma an meinem 4. Geburtstag mit mir mein Alter an den Fingern abzählte. Ich erinnere mich an diese bedrückte, aggressive Stimmung, die ich immer spürte. Alle Personen im Haushalt waren unzufrieden und ich erlebte von allen Ablehnung, Demütigungen in Form von übelsten Beleidigungen gegen meine Person, Unterstellungen, Bedrohung, Schläge, Misshandlungen, Angst und Panikmache, später sexuelle Übergriffe des Onkels W..... und des Großvaters und durch eine dritte Person.

Ich erinnere mich sehr gut an mein Verhältnis zu allen vier im Haushalt lebenden Personen, in dieser kleinen, beengten Wohnung, in der es wenig Rückzugsmöglichkeit gab und erschwerend noch hinzu kam, das jeder Raum nur begehbar war, durch einen anderen Raum der Wohnung.
Meine erste Bezugsperson war meine Stiefgroßmutter.
Sie regelte den Haushalt und bestimmte eigentlich so die Familienstruktur, übernahm auch meine Pflege und Erziehung, was man so früher darunter verstand. Sie war nicht besonders liebevoll und freundlich, aber ich litt unter ihr nicht so, wie meine Mutter es beschreibt. Die Bedürfnisse eines Kindes waren ihrer Meinung nach abgedeckt, wenn es an Nahrung und Bekleidung nicht fehlte. Liebe und Zuneigung kannte sie selbst nicht aus ihrer Kindheit, also gab sie nur das weiter, was sie selbst kannte.
Prügel mit dem Kochlöffel aus nichtigen Anlässen waren an der Tagesordnung, damit wurde ich erpresst, bedroht und gefügig gemacht. Eine Tracht Prügel sah so aus, ich musste mich mit dem Bauch auf einen Hocker legen und wurde mit dem Kochlöffel ziemlich fest geschlagen, verprügelt. Ich hatte das Gefühl, das eine Tracht Prügel ewig dauerte. Ich war immer mit blauen Flecken übersät. Meine Stiefgroßmutter sagte dann immer zu mir, schrei nicht, sonst kriegst du sie noch mehr.

Sie schimpfte viel, das ich ihr lästig sei und das sie meinen Großvater nie geheiratet hätte, wenn sie gewusst hätte, was da alles auf sie zukommt mit seinen Kindern. Sie kochte täglich Mittagessen und es gab Frühstück und Abendessen. Sie kaufte auch ausreichend Bekleidung und Schuhe für mich. Nach außen ging es mir somit gut.

Mein Großvater war ein liebloser, nervöser, jähzorniger Mensch. Er war zum Glück selten zu Hause, meist nur abends und am Wochenende. Meistens schrie er mich aus nichtigen Anlässen an und beschimpfte mich mit Ausdrücken „ Du Dreckmensch, Du dreckiges Aas“ und er stellte sich vor mich hob die Hand und schrie „Ich ha der in die Fress eh nin, das die rot Brie raus spritzt“ auf Deutsch übersetzt ich hau Dir in die Fresse, das die rote Brühe rausspritzt. Er schlug mich auch oft brutal ins Gesicht.

Einmal spielte ich mit einem Jungen in einem Auto und die Handbremse löste sich und das Auto kam ins rollen. Der Vater des Jungen sprang hinein und brachte das Auto zum stehen. Der Junge und ich waren sowieso schon sehr erschrocken. Das war so eine Situation, wo er mich dann ins Gesicht schlug.

Es gab wenige schöne Momente mit ihm, das einzige Schöne an was ich mich erinnere, war mal an Heiligabend, wo ich bei ihm in der Küche auf den Schoß saß und wartete, bis meine Stiefgroßmutter das Wohnzimmer für die Bescherung vorbereitete. Schon früh fing ich an, Ekelgefühle gegen ihn zu entwickeln, da er sehr unappetitliche Angewohnheiten hatte. Er urinierte in meine Sandspielsachen, weil er zu bequem war, die Toilette aufzusuchen. Ich beobachtete dies vom Fenster aus und sagte dies meiner Mutter, weil ich nicht mehr mit den Sachen spielen wollte. Meine Mutter redete mit ihm, woraufhin er entgegnete, „ kann dieser dreckige Balg mich denn beobachten?“
Als sehr unangenehm empfand ich auch den Sohn meiner Stiefoma A..... . Ich litt sehr unter diesem Menschen. Er war immer sehr unfreundlich zu mir, ich hatte das Gefühl er beschuldigte mich, dass ich seiner Mutter solche Umstände mache.

Am schlimmsten von allen war für mich aber meine Mutter. Was sie über meine Großmutter sagt, das trifft auf sie selbst zu. Sie musste nach meiner Geburt wieder als ungelernte Kraft in der Fabrik arbeiten um Geld zu verdienen. Sie war auch nur abends und am Wochenende zuhause. Meine Pflege und Erziehung überließ sie meiner Stiefoma komplett. Sie kümmerte sich eigentlich gar nicht um mich, sie gab mir nur zu spüren, dass sie mich abgrundtief hasst. Eine auch nur annähernd normale Mutter Kind Beziehung gab es nicht. Sie war nie nett zu mir und hatte niemals ein freundliches Wort für mich.

Wenn sie mich beachtete, dann war es negativ. Dann saß sie da und guckte mich mit einem richtig irren Blick mit abgrundtiefer Verachtung an. Dann kamen völlig grundlos ganz gemeine Bemerkungen von ihr. Sie machte immer abfällige Bemerkungen über mich. Es konnte auch zu gewalttätigen Ausrastern kommen, ich musste immer auf der Hut sein. Ihr machte es richtig Spaß mich zu demütigen und es machte ihr auch Spaß, mir Angst zu machen.

Einmal war ich als kleineres Kind mit ihr im Schwimmbad, ich konnte damals noch nicht schwimmen, das muss also vor meiner Schulzeit gewesen sein, denn ich lernte früh recht gut schwimmen. Wir liefen am Schwimmbeckenrand entlang und plötzlich stieß meine Mutter mich ohne Vorwarnung ins Schwimmerbecken. Ich schrie und klammerte mich an einen Mann voller Panik. Der Mann schimpfte mit meiner Mutter, was das denn solle. Meine Mutter entgegnete ihm, ich solle auf diese Weise schwimmen lernen. Der Mann sagte daraufhin mehr oder weniger, dass sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte und ein Kind so nicht schwimmen lerne. Das beeindruckte meine Mutter recht wenig.

Ein anderer Vorfall, ich muss auch noch ein kleineres Kind gewesen ein. Im Nachbarhaus starb ein Mädchen namens A..... an Leukämie. Die Eltern gaben Bekleidung von diesem Kind meiner Stiefoma. Dabei war ein Schlafanzug mit einem Sandmännchen vorne drauf. Diesen Schlafanzug liebte ich. Eines Tages als ich den Schlafanzug anhatte, bekam meine Mutter wieder diesen abartigen Blick, mit dem sie mich am liebsten anschaute. Sie sagte zu mir, „ der Schlafanzug ist von der A....., die ist gestorben, jetzt musst du auch sterben“

Meine Mutter hatte ihre negativen Gefühle überhaupt nicht im Griff. Wenn sie schlecht drauf war, ließ sie ihren Emotionen freien Lauf. Sie rastete total aus, schrie, randalierte und zertrümmerte die Wohnungseinrichtung. Hier konnten selbst die dominante Stiefoma, der Großvater und der Onkel nichts machen. Meine Stiefoma hatte in diesen Momenten richtig Angst und ich erst!

Ich war ja noch klein und konnte nicht weg, ich war nach einem solchen Anfall völlig traumatisiert, wie betäubt und völlig unter Schock. Diese Art von Anfällen kamen gehäuft vor und wurden natürlich auch in der Nachbarschaft wahrgenommen, aber damals war die Devise weg schauen, geht uns nichts an, nicht einmischen. Nach einem solchen Anfall räumte die Stiefoma halt die Wohnung wieder auf und Schwamm drüber, wurde nicht mehr drüber gesprochen, es wurde faktisch unter den Tisch gekehrt. Das war mein schlimmster Alptraum der Kindheit.

Einmal war ich schon eingeschlafen und wurde durch einen solchen Anfall geweckt.
Von da an hatte ich Angst, ein zu schlafen. Ich bekam Schlafstörungen. Ich hatte ständig Angst um mein Leben und um meine körperliche Unversehrtheit. Mir wurde berichtet, dass meine Mutter während eines Wutanfalles mich als Baby auch aus dem Babykorb geworfen hätte. Meine Mutter war mir schon als kleines Kind unheimlich. Ich glaubte, dass sie während eines Wutanfalles auch jemanden umbringen könne. Ich hatte keinerlei emotionale Beziehung zu ihr, mir wäre es am liebsten gewesen, sie wäre weg gegangen und nicht mehr wieder gekommen.

Als kleines Kind habe ich angeblich geschrieen, wenn sie mich mal aus einer Laune heraus auf den Arm nehmen wollte. Das hielt sie mir immer vor und sagte dann „ du bist nicht so lieb wie andere Kinder “

Auch meine Stiefgroßmutter machte mir gerne mal Angst Einmal drohte sie mir , sie ginge jetzt weg, weil ich so böse sei. Sie zog ihren Mantel an und ging auf der Straße und tat so, als ginge sie fort. Ich geriet vollkommen in Panik, lief hinterher, weinte und schrie und flehte sie an, dass sie doch bitte bleiben soll, ich wäre bestimmt auch ab sofort ein liebes Kind. Der Gedanke von nun an mit meiner durchgedrehten Mutter alleine zu sein, verursachte in mir Todesangst.

Mir wurde von klein auf von allen im Haushalt lebenden Personen eingetrichtert, ich sei ein böses Kind.
Ich bemerkte auch schon im Kindergartenalter, das andere Leute mir gegenüber negativ eingestellt waren und schlecht über mich sprachen und unfreundlich zu mir waren. Meine Großeltern und meine Mutter erzählten überall herum, das ich ja so ein böses Kind wäre und die Leute schienen dies denen zu glauben und ungeprüft zu übernehmen. Ein normales Gespräch von Erwachsenem zum Kind habe ich selten erlebt, es sei denn, ich traf irgendwo jemanden, der nicht wusste, aus welcher Familie ich komme. Auch die Tatsache, dass ich unehelich war, schien meinen Wert nochmals runter zu schrauben. Diese Nachbarn und Bekannten meiner Mutter und Großeltern haben mich meist nur beschimpft, sogar geschlagen. Ich hatte da nie eine Chance, mit denen einen normalen Kontakt aufzubauen. Ich wurde ja von keinem aus dieser Familie geschützt oder verteidigt, denn ich war ja nichts wert.

Berichtete ich zuhause davon, dass mich jemand geschlagen hatte, wurde mir gesagt, na, dann wirst du es verdient haben. Wenn meine Mutter einmal mitbekam, dass meine Stiefoma mich verprügelte, stand sie daneben und lachte hämisch.

Einmal kam ich nach Hause und meine Stiefoma sagte zu mir, so du kannst es dir jetzt aussuchen, entweder kriegst du jetzt eine Tracht Prügel oder du gehst ins Bett. Dies war am helllichten Tag. Meine Mutter stand da und lachte hämisch. Ich wusste nicht, was ich denn angestellt haben soll, es wurde mir auch nicht gesagt. Die Aussicht auf eine Prügeltirade mit dem Kochlöffel war nicht erbaulich, so dass ich aus Angst dann am helllichten Tag zu Bett bin. Bis heute weiß ich nicht warum, es wurde mir nie erklärt.

Besuch bekamen wir selten. Die meisten Besuche waren von M..... mit ihrem Mann und ihrer Tochter M...... zu Besuch und etwas später kam noch mein Cousin H,,,,,,,, auf die Welt. Sie kamen meist am Wochenende. Ich verstand mich mit meiner Cousine M....... recht gut, sie war ja gleichen Alters und freute mich immer auf die Besuche. Später durfte ich auch mal einige Tage zu der Familie, welches ich immer gerne annahm, da ich zuhause ja immer Todesängste vor den Anfällen meiner Mutter hatte.

Zwar war da auch keine schöne Familiensituation, M..... und H...... wurden immer brutal von ihrem Vater verprügelt, von meiner Tante M...... erpresst, wartet nur bis der Vater heimkommt, wenn ihr nicht lieb seid, sage ich dem alles, was ihr gemacht habt. Wenn ich zu Besuch war, gab es auch mal Prügel, aber das war mir immer noch lieber, als die Hölle in F........ .
Es gab dort ein Kinderzimmer, also nach außen war die Welt da in Ordnung und ich konnte hier wenigsten ohne Angst abends im Bett liegen. Auch der ältere Bruder W...... hatte Familie gegründet und hatte eine Tochter die etwas jünger war, K..... . Sie kamen allerdings nicht so oft, W....... war sehr unfreundlich zu mir, was sich erst später änderte.

Ich kam dann auch mit 3 Jahren in den Kindergarten, wo ich mich überhaupt nicht wohl fühlte. Ich fand keinen Kontakt zu anderen Kindern, fühlte mich als Außenseiter, die Kinder mochten mich nicht. Die Erzieherin war auch nicht nett zu mir, sie gab mir auch das Gefühl, das sie mich nicht mag. Es war deutlich, dass sie ein Lieblingskind hatte, welches sie immer hätschelte. Es war früher so, das man im Kindergarten nicht toben durfte, wir saßen an Tischen und jeder hatte ein Steckspiel oder was ähnliches. Ich saß da immer stumpfsinnig herum und war froh, wenn die Zeit um war. Ich war auch kein fröhliches Kind wie andere, habe selten gelacht, war still und in mich gekehrt. Ich musste vor- und nachmittags gehen, damit ich meiner Oma aus den Füßen war.

Ich spielte aber lieber zu Hause alleine. Wir hatten einen Hof und einen kleinen Garten, ich war auch viel draußen. In unserer Wohnküche hatte ich am Fenstersims eine kleine Nische, wo eine Spielkiste stand mit meinen Spielsachen, einen kleinen Kindertisch und ein Kinderstühlchen. Das war mein Reich. Hier konnte ich tagsüber alleine in Ruhe spielen, wenn nur die Stiefoma da war. Aber meist war ich draußen im Hof.

Irgendwann in dieser Zeit trennte sich W....s Ehefrau von ihm und W..... brachte meine Cousine K..... zu meiner Stiefgroßmutter. K...... lebte eine Weile bei uns und das war für mich sehr schön. Ich verstand mich gut mit ihr, sie war wie eine Schwester für mich, die ich mir immer gewünscht hatte. Leider wurde sie irgendwann wieder abgeholt und kam zu ihrer Mutter, die nach Hamburg gezogen war. Sie kam auch später in ein Heim.

Im angrenzenden Grundstück, welches durch ein Tor und eine Mauer von unserem Grundstück getrennt war, gab es ein Mädchen die im Juni 1957 geboren war, sie hieß auch M......... Ich freundete mich mit ihr an, sie war in der Kindheit meine einzige feste Freundin, wir lernten uns beim spielen im Hof kennen, da waren wir noch recht klein. Ich merkte, dass sie einen ganz anderen Stellenwert im Leben einnahm. M....... war ein geliebtes und erwünschtes Kind, hier gab es keinen Hass und keine Schläge

Ihre Eltern hatten ein Bekleidungsgeschäft und M........ war ihr einziges Kind. Auch war sie bei anderen Leuten angesehen und jeder war freundlich zu ihr. M....... war superbehütet, sie musste nicht in den Kindergarten. Ich beneidete sie darum. Ich hasste den Kindergarten, lieber spielte ich mit M...... . Wir waren viel zusammen.

Marianne hatte alles, was ich nicht hatte und mir im Inneren so sehr wünschte Sie war erwünscht und gewollt und wurde von ihren Eltern geliebt. Ich war für alle nur die mit der blöden Mutter.

M........s Eltern akzeptierten die Freundschaft, ich durfte zum spielen kommen, sie mochten mich aber nicht besonders, das zeigten sie mir. Ich war halt geduldet. M........ war auch die einzige Freundin, zu welcher meine Stiefoma freundlich war, brachte ich später mal ein anderes Mädchen mit, war meine Stiefoma so unfreundlich, das diese keine Lust hatten wieder zu kommen. M........ bekam immer im Juni eine tolle Geburtstagsparty. Wir feierten dort im Hof und es gab immer leckeren Erdbeerkuchen. M........ bekam auch immer so tolle Geschenke.

Mein Geburtstag Ende November wurde immer einfach regelrecht übergangen. Ich bekam nur eine Kleinigkeit geschenkt, keine Geburtstagsfeier und wenn ich dann was sagte, hieß es, ach, was sollen wir dir jetzt noch schenken, es ist doch bald Weihnachten. An Weihnachten war es dann so, das bei der Bescherung zwar einige Päckchen für jeden dalagen zum auspacken, aber der Inhalt enttäuschte mich immer. Meist war nur in einem Päckchen etwas zum spielen, in den anderen Päckchen waren Kleidungsstücke oder eine Apfelsine.

M....... hingegen bekam alles was sie sich wünschte und noch mehr. Sie war ja ein sehr verwöhntes Einzelkind. M....... Eltern bekamen einiges mit, was sich bei uns in der „Familie“ so lief. Sie dachten aber nicht daran, sich einzumischen. Einmal habe ich verzweifelt und weinend vor der Tür gestanden, weil meine Mutter wieder so einen Tobsuchtsanfall hatte, ich wollte da nur raus, da hat Mariannes Mutter mich eiskalt weggeschickt mit dem Kommentar: „Sonntags geht man nicht zu anderen Leuten“.

Später freundete M....... sich noch mit einem anderen Mädchen an, die bei ihr im Nebenhaus wohnte, M...... Sie war etwas jünger, ihre Eltern hatten eine Fabrik, ihre Tante besaß ein Restaurant und ein Kino, im Nebenhaus von M...... . Ich spielte dann oft so die zweite Geige, weil M..... viel Zeit auch mit M....... verbrachte, ich war darauf eifersüchtig, sie nahm mir ja meine Freundin weg. Manchmal spielten wir aber auch zu dritt.

M....... und M....... durften immer umsonst in das Kino der Tante. Ich war auch einmal dabei und als die Tante mich sah, schickte sie mich weg und sagte, du kommst nur rein, wenn du zahlst. Ich hatte kein Geld und musste gehen. M....... und M...... sind dann hinein und ich bin weinend nach Hause. Immer wieder bekam ich vermittelt, ich bin schlechter als die anderen. Warum konnte ich jetzt nicht mit ins Kino? Was hätte das der Tante ausgemacht? Da meine „Familie“ und meine Umwelt mir vermittelten, dass ich schlecht bin, suchte ich Zuneigung manchmal bei Fremden.

Es gab einen Nachbarn, der ging oft am Rhein spazieren und nahm mich mit. Der war nett zu mir, kaufte mir auch mal ein Eis dann bekam ich aber von der Stiefoma dafür Schläge, da ich einmal sonntags morgens mit ihm spazieren war, weil man das sonntags nicht macht.

Da geht man ja in die Kirche, wird sauber angezogen und darf sich nicht dreckig machen. Ich musste jeden Sonntag in die Kirche und viel beten. Ich habe immer gebetet, dass meine Mutter keine Anfälle mehr bekommt, geholfen hat es nicht. Der Kirchgang nervte mich, ich hatte da eigentlich keine Lust, ich musste aber von meiner Stiefoma aus in die Kirche, weil für sie es eine Sünde war, wenn man sonntags nicht in die Kirche geht.

M....... ging auch sonntags in die Kirche mit ihrem Vater. Meinen eigenen Vater lernte ich nie offiziell kennen. Mir wurde gesagt, der Mann ist dein Vater, so wusste ich wer er war, er beachtete mich aber nicht, sondern lief grußlos an mir vorbei, halt wie an einer fremden Person, denn mich durfte es ja eigentlich gar nicht geben. Am F....... Sektfest hatte er einen Bratwurststand, ich kaufte einmal provokativ eine Bratwurst bei ihm um mal zu testen, wie er reagiert. Er verkaufte mir die Bratwurst wie einer Fremden. Auch seine Mutter, die 3 Häuser neben uns wohnte, sah mich nicht als Enkelkind, sondern als Fremde. Ich war ab und zu mal in ihrer Wohnung mit meiner Mutter. Dass ich die Tochter ihres Sohnes war, wurde nie angesprochen.

Meine Mutter jammerte viel herum, dass sie niemals Glück mit Männern habe, das habe ich oft mitbekommen und sie jammerte, dass sie nicht im Lotto gewann. Einmal hatte sie eine neue Männerbekanntschaft, einen großen blonden Mann, der in einem Hotel wohnte, gegenüber von unserer Wohnung. Sie nahm mich einige Male mit zu diesem Mann und der war sehr nett zu mir. Er sprach mit mir in einem freundlichen Ton, was ich ja gar nicht kannte, er beschäftigte sich sogar mit mir, trug mich auf der Schulter herum. Ich fand das so toll, war so begeistert von dem Mann und wollte unbedingt, dass meine Mutter den heiratet. Ich fing an und sagte Papa zu ihm, was ihm auch gefiel. Einmal hörte das meine Stiefoma und sie schlug mir brutal auf den Mund und verbat mir zu dem Mann Papa zu sagen. Irgendwann war er dann auch aus dem Leben meiner Mutter verschwunden und wurde nicht mehr gesehen. Auf die Frage, wo er denn geblieben wäre, hieß es nur, der hat auch mal wieder nichts getaugt.

Das war auch so ziemlich der einzige der Affären meiner Mutter, den ich zu Gesicht bekam. Ein anderer Mann, ein Bekannter meiner Mutter saß irgendwann einmal öfter im Hof. Ich kann nicht sagen, wie alt ich damals war, vielleicht 6. Er war auch nett zu mir und beschäftigte sich mit mir. Ich setzte mich mal auf seinen Schoß und plötzlich glitten seine Finger in meine Unterhose und er berührte mich unsittlich. Ich war vor Schreck wie starr und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich löste mich dann irgendwie aus der Situation, traute mich aber niemanden davon zu berichten, weil ich Angst hatte, ich würde dafür von meiner Stiefoma Schläge bekommen.

Der Mann kam noch einige Male zu uns auf den Hof und ich hatte Angst, dass er mich wieder anfasst. Er versuchte auch mich wieder zu kriegen, aber ich war schnell und konnte mich dem entziehen. Einmal packte er mich als ich die Treppe rauf wollte und hielt mich fest und leckte mir mit seiner Zunge über die Lippen und sagte zu mir „ Ich liebe dich“. Das berichtete ich meiner Stiefoma woraufhin er Hofverbot bekam und ich sah ihn nie wieder. Ich war auch ca. 6 Jahre alt war, da wurde mir mitgeteilt, du fährst in Erholung, weil du zu dünn bist und zunehmen musst.

Was da auf mich zukam, war sehr schlimm. Ich wurde einfach in den Zug gesetzt und mit einer Gruppe dorthin transportiert. Schreiben und telefonieren konnte ich noch nicht. Ein Telefon hatten wir ja sowieso nicht, es war damals nicht üblich, dass Familien ein Telefon hatten. Ich war dort in einer Gruppe von Mädchen untergebracht. Die Gruppe wurde betreut von einer ekligen fiesen Frau, die wir Tante M...... nennen mussten und einer Praktikantin, die hieß A....... und war so eklig, wie Tante M...... . Tante M...... war nur zu einem Kind freundlich, das war ihr Liebling, die kam jedes Jahr zur Kur. Alle anderen Kinder bekamen körperliche und seelische Misshandlungen.

An vier gravierende Sachen erinnere ich mich.
Wir saßen immer zum Mittagessen an einem großen Tisch. Vorne saß Tante M.... mit ihrem Lieblingskind und der Praktikantin.
Ich musste mich nach jedem Mittagessen übergeben, ich saß verzweifelt da und dachte, bitte heute nicht und schon erbrach ich mich wieder.
Wir mussten jeden Mittag nach dem Essen Mittagsschlaf halten und die Praktikantin A...... ging dann durch den Schlafsaal und wenn sie feststellte, ein Kind schlief nicht, schlug sie dem Kind ein Buch auf den Kopf.
Wir durften nur zweimal am Tag zur Toilette, morgens und abends.
Das Lieblingskind von Tante M..... teilte das Toilettenpapier zu, 2 Blättchen pro Person.
Wie soll ein kleines Kind sich davon angemessen reinigen?
Auf jeden Fall standen wir morgens und abends Schlange vor der Toilette. Wie ich das den Rest des Tages eingehalten habe, weiß ich heute nicht mehr.

Ich erinnere mich an einen Abend, als wir wieder alle zur Toilette sind, danach mussten wir nackt ins Bad und immer 3 Personen wurden von Tante M...... in der Badewanne abgeduscht. Vorher auf der Toilette musste ich ein großes Geschäft verrichten und schaffte es nicht mit 2 Blättchen Klopapier mich ordentlich zu reinigen. Tante M...... beschimpfte mich beim duschen „ du Drecksau, kannst du dir nicht mal ordentlich deinen Arsch abwischen?“
Wir mussten dort zu Solebädern. Ich stand einmal dort und wartete bis ich an der Reihe war, plötzlich schlug mich diese Tante M.... und ich fiel gegen die Heizung und tat mir sehr weh, tagelang hatte ich Schmerzen im Arm. Ich weinte natürlich und wurde von ihr deswegen hämisch ausgelacht.
Während diesen 6 Wochen hatte ich keinerlei Kontakt zu meiner „Familie“.
Es fragte auch niemand nach mir, interessiert hat es wahrscheinlich auch niemanden.
Ich war froh, als diese „ Erholung “ vorbei war.

In dieser Zeit, als ich 6 Jahre war, passierte dann noch etwas, was meine Situation verschlechterte. Meine Mutter war wieder schwanger, von einer ihrer Affären. Alle waren darüber böse und schimpften. Ich verstand das gar nicht, die Aussicht ein Geschwisterchen zu bekommen, freute mich. Ich dachte, dann wäre ich nicht mehr so alleine. A...... schimpfte furchtbar und zog aus diesem Grund in eine eigene Wohnung, worüber meine Stiefoma natürlich nicht begeistert war, das ihr Liebling weg zog.

Ansonsten lief es wie in der Schwangerschaft meiner Mutter mit mir, ein Kind muss ausgetragen werden und großgezogen werden, egal, unter welchen Umständen. Meine Mutter musste sich jetzt oft übergeben in der Schwangerschaft.

Ich saß einmal da und sie sagte zu mir: „ Was bist du doch für ein furchtbares Kind, sitzt hier so teilnahmslos, andere Kinder würden dann kommen und ihre Mutti streicheln und sagen du arme Mutti.“
Was forderte die eigentlich da von mir????
Diese Person, die nie für meine Bedürfnisse das Geringste an menschlicher Regung zeigte, wollte nun allen Ernstes von mir als 6 jähriger Trost gespendet haben?

Am 8.1.1964 wurde meine Schwester A........ geboren.
Ich freute mich darüber und gab ihr auch gleich eine Puppe von mir ab, als sie da so in ihrem Babykörbchen lag. Die Erwachsenen sagten dann, lass das mal, damit kann sie noch nicht spielen. Ich war 7 Jahre alt.

Mit meiner Freude über Andreas Geburt war es bald vorbei. Alles drehte sich in meinen Augen nur noch um A...... . Die wäre ja so lieb und goldig. Auch meine Mutter schien plötzlich Muttergefühle zu entdecken. A...... wurde gelobt und verhätschelt. Ich wurde nur noch beschimpft und sollte ruhig sein.

Im April 19xy kam ich in dir erste Klasse. Mir ging es weiterhin sehr schlecht, ich war eine mittelmäßige Schülerin. Ich flüchtete mich in Tagträumereien. Je älter A..... wurde, umso aggressiver wurde die Stimmung bei uns zu Hause gegen mich. Alle schimpften auf mich, dass ich so böse sei. A...... ging auch von sich aus zu meiner Mutter, worauf meine Mutter zu mir sagte“ Siehst du, die ist ganz anders wie du, die ist ja so lieb und goldig“. Auch von den Großeltern bekam ich nur noch zu hören, wie lieb und goldig doch A.... im Gegensatz zu mir wäre.

Die Stimmung wurde immer aggressiver. Ich hatte auch keinen Privatbereich mehr in dieser Wohnung. Wenn ich einmal wagte, zu sagen, das gehört mir, sagten sie mir, mach die Augen zu, dann siehst du, was dir ist ( sie meinten… nichts ! ). Die Spielecke gehörte nun A....., ich hatte nur noch Sachen in meinem Nachtschrank.

A..... räumte mir immer diesen Nachtschrank aus, zerriss meine Sachen und kritzelte mit ihren Malstiften in meinen Büchern herum. Das führte dann zu Geschwisterstreit, wobei die Erwachsenen immer A..... zuhielten. Mir wurde in ganz aggressivem Ton gesagt: „ Lass bloß das Kind in Ruhe “. Ich verstand das ja nun mit 8 Jahren auch nicht und man hätte auch einem 1 1/2 jährigen Kind sagen können, lass das, dass gehört B..... . Aber A.....bekam keine Grenzen gesetzt.

Sie wurde relativ verwöhnt und man ließ ihr auch weitaus mehr durchgehen wie mir. Sie schrie und stampfte mit den Füßen auf den Boden, wenn sie etwas nicht bekam. Ich staunte nicht schlecht, dass bei der mir so unnachgiebigen Großmutter dieses Verhalten keine Konsequenzen hatte. Wenn sie schrie, bekam sie dann meist, was sie wollte. Trotz ihres Verhaltens wurde sie nur gelobt, ich dagegen beschimpft.

A..... bekam viel weniger Schläge wie ich. Einmal sagte ich zu denen, das, was A..... da gemacht hat, dafür bin ich aber verprügelt worden. Ich entwickelte Aggressionen gegen A...... und schlug sie auch. Als sie noch nicht sprechen konnte, machte ich das heimlich. Einmal ging ich mit ihr an den Rhein und warf sie in die Brennnesseln. Den Erwachsenen erklärte ich ihre Rötungen dann damit, dass sie mir aus dem Kinderwagen gefallen wäre. Als sie später sprechen konnte, verpetzte sie mich natürlich bei den Erwachsenen, sie merkte ja auch schnell, dass sie bei denen die besseren Karten hatte. A...... entwickelte sich immer mehr zu einem Haustyrannen.

Auch fing sie an, mich zu mit Ausdrücken zu beschimpfen, z.B. sagte sie „ die B...... ist ein Dreckvieh“, wollte ich mich dagegen wehren, hieß es wieder in bedrohlichem Ton „ lass nur das Kind in Ruhe“ Die Situation zuhause wurde für mich immer unerträglicher. Die Stimmung gegen mich wurde immer aufgeheizter. Mein Großvater ging in die Schule und beschwerte sich bei meiner Klassenlehrerin über mich, da sich so ein freches Kind sei. Es wurde verstärkt überall herum erzählt, wie frech ich sei. Schlimm war auch, dass ich von Nachbarn geschlagen wurde.

An einen besonders drastischen Vorfall erinnere ich mich, da war ich ein Schulkind und schob mein Fahrrad auf dem Bürgersteig. Es gab einen Nachbarn, der hieß Herr R....., der hasste mich besonders. Der ging jedes Mal in irgendeiner Form auf mich los, wenn er mich sah, ich glaube, ich war für ihn so was wie für den Stier das rote Tuch. Er sah mich mit meinem Fahrrad, welches ich lediglich nur auf dem Bürgersteig schob, er stürzte auf mich und prügelte wie wild geworden auf mich ein. Ein fremder Mann kam mir dann zu Hilfe und sagte zu Herrn R.....: „ Was soll denn das, lassen sie das Kind in Ruhe“

Von meiner eigenen Familie wäre ein solcher Einsatz für mich nicht gekommen. Ich hielt es auch kaum noch zu Hause aus und träumte von einer heilen Familie. Meine Mutter hatte eine Freundin, die R..... . Die war A....s Patentante und wurde von dieser auch beschenkt und verhätschelt, ich dagegen beschimpft.
Ich hatte keine Patentante, meine Taufpatin war die Stiefgroßmutter. Diese R..... erzählte, dass eine Familie, die sie kennt, in den USA gerne ein Kind adoptieren wollten. Ich sagte dann, die sollen mich doch nehmen. Da war ich etwa 8 oder 9. Daraufhin sagte meine Mutter: „Die würden dich doch nicht nehmen, so was Freches“. Sie hasste mich so sehr, das sie mich auch grundlos attackierte und gewalttätig wurde.
Ich erinnere mich, dass ich ihr einmal einen Glasaschenbecher zum Geburtstag oder zu Weihnachten geschenkt hatte, der kostete ca. 1 DM. Das war damals mein wöchentliches Taschengeld. Ich wollte so gerne Normalität, deswegen versuchte ich Weihnachten und zum Geburtstag Geschenke zu machen.
Ich saß am Wohnzimmertisch und machte meine Hausaufgaben.
Sie saß auf ihrem Sessel, plötzlich warf sie mir diesen Aschenbecher an den Kopf, ohne Grund, einfach mal so. Er traf mich an der Schläfe und es tat höllisch weh. Ich weinte und sie verhämte mich, stell Dich nicht so an, das billige Scheißding kannst du behalten.
Ich litt einfach weiter, was blieb mir auch anderes.
Eines Tages im Winter war in der Küche das Abflussrohr zugefroren.
Dies war das einzige Waschbecken in der Wohnung.
Ich hatte Todesangst, wie meine Mutter, die unter einem Waschzwang litt, mit dieser Situation umgeht, denn das Wasser musste in eine Schüssel laufen und dann zur Toilette eine Treppe tiefer gebracht werden und in die Toilette geschüttet werden.
Meine Mutter wusch sich zwanghaft die Hände minutenlang unter fließend kaltem Wasser. Erleichtert stellte ich am nächsten Tag fest, dass meine Mutter wohl alles gut hinbekommen hat. Aber am nächsten Tag sollte sich dies ändern. Ich wurde in der früh schon durch meine tobende, schreiende Mutter geweckt.

Da ich ja zur Schule musste, sollte ich in der Küche frühstücken, wo meine Mutter randalierte. Sie schrie wieder mal furchtbar und ging auf mich los und fegte mein Frühstücksgeschirr mit dem Arm vom Tisch. In diesen Momenten hatte sie auch wieder diesen irren Blick. Ich lief entsetzt weg, zitternd und weinend vor Angst. Im Hof hörte ich meine Mutter schreien und sie goss das Wasser aus dem Fenster

Ich kam dann weinend in der Schule an und ein Mädchen fragte mich was los ist. Ich erzählte, was passiert ist, die anderen Kinder verstanden das nicht und lachten. Ich habe mich so schrecklich gefühlt, danach habe ich nie wieder von den Anfällen meiner Mutter erzählt, das andere so was noch zum lachen finden, war sehr schlimm. Aber das waren halt auch 8 - 9 jährige Kinder, die so was nicht kannten.

Ich war viel draußen und unterwegs, soweit das ging. Viele Kontakte hatte ich nicht, irgendwie mochten mich andere Kinder nicht so recht. Ich fragte einmal M......., meine Freundin, ob sie mir das erklären könnte, sie sagte ich weiß nicht, du bist halt irgendwie so komisch.

Im Sommer ging ich sehr gerne ins Freibad. Meine Eintrittskarte für den nächsten Tag verdiente ich mir abends im Schwimmbad mit arbeiten, Abfälle von der Wiese aufsammeln. Der Bademeister hatte eine Schubkarre und die Kinder, die Dreck auflasen, bekamen eine Freikarte für den nächsten Tag. Marianne wäre so was nie in den Sinn gekommen, sie hatte selbstverständlich von ihren Eltern eine Saisonkarte.

In der Schulzeit klagte ich viel über Kopfschmerzen. Früher gab es keine Vorsorgeuntersuchungen für Kinder, soweit ich weiß. Aber wegen der Kopfschmerzen gingen sie mit mir zur Kinderärztin. Diese riet zur Untersuchung bei einem Augenarzt. So ging ich zum einzigen Augenarzt in Eltville. Dieser hatte sogar früher seine Praxis in unserem Haus, mittlerweile war er aber umgezogen. Festgestellt wurde eine Fehlsichtigkeit des linken Auges durch eine Schielstellung, eine im Kindesalter eigentlich korrigierbare Erkrankung.

Hier wurde ich das Opfer eines Kunstfehlers. Er erklärte mir, ich müsste eine Brille tragen, wo das kranke Auge zugeklebt wird, damit es sich erholt. Wie ich heute weiß, hätte er das gesunde Auge zukleben müssen, damit das linke Auge lernt zu sehen. Das linke Auge blieb somit schwach sichtig, ich hatte nie ein räumliches Sehen und mittlerweile habe ich eine nicht unerhebliche Sehbehinderung, welche mich ganz schön einschränkt. Haften muss dieser Arzt dafür heute nicht mehr, bei der kassenärztlichen Vereinigung sagte man mir, da hätten sich ihre Eltern kümmern müssen.

Ich habe mich damals auch nicht einmal getraut, zu erzählen, was der sich sonst noch geleistet hat. Das wäre meiner Freundin M........ alles nie passiert. Ich musste mehrmals mit ihm in seine zweite Praxis nach Rüdesheim zur Sehschule mit in seinem Auto fahren. Auf der Bundesstraße zwischen Eltville und Rüdesheim fuhr er Kamikazerennen. Er überholte wie von Sinnen und mehrmals wäre es fast zu einem Frontalzusammenstoß gekommen. Auch hier musste ich mal wieder Todesängste ausstehen, konnte mich aber niemandem mitteilen, denn es hätte ja niemanden interessiert. Geohrfeigt wurde ich von ihm auch einmal, weil ich in seinem Garten auf eine Schnecke seines Sohnes trat.

Nach der 4 Klasse kam meine Freundin M....... selbstverständlich auf das Gymnasium. Ich musste auf der Hauptschule bleiben und ging dort in die 5 Klasse und setzte mich aber durch, das ich danach, diese Möglichkeit gab es damals, zur Realschule wechselte. Ich packte aber das Pensum nicht, da ich immer mehr in einer Traumwelt lebte.

Als ich dann so etwa 10 oder 11 Jahre alt war, wurde die familiäre Situation für mich immer unerträglicher und es drohte zu eskalieren. Die Luft war zum schneiden, am liebsten hätte ich mich in Luft aufgelöst, was ich leider nicht konnte. Die Aggressionen gegen mich waren kaum noch zum aushalten. Man signalisierte mir, dass man mich loswerden wollte.

Es wurde sich überall wo es nur ging über mich beschwert, auch rief irgendeiner das Jugendamt. Mein Opa ging auch in diese Schule und beschwerte sich bei dem Klassenlehrer über mich. Daraufhin bat er mich zu einem Gespräch und erklärte mir, dass wenn keiner nachgebe, die Schrauben immer höher sich drehten und einer müsse doch mal anfangen, die Schrauben runter zu drehen und forderte mich auf, dies jetzt mal zu tun.

Alles was ich machte war falsch.

Ich ging im Herbst zur Weinlese und verdiente mir Geld um mir kleine Wünsche zu erfüllen. Für ca. 6 Wochen harte Arbeit täglich ca. 4 Stunden nach der Schule und abends dann Hausaufgaben und in den Ferien ganztags bekam man dann so ca. 120 DM Entlohnung.

Einmal kaufte ich mir von diesem selbst verdienten Geld Barbiepuppen, da schrie mich mein Opa an, weil du so eine Scheiße gekauft hast, bekommst du kein Kerbegeld, die M........ (meine Cousine) und der H......... kriegen Kerbegeld, aber du nicht.

Eines späten Nachmittags kam ich nach Hause und meine Stiefoma sagte zu mir, da ist jemand für dich im Wohnzimmer.
Ich dachte, es wäre eine Freundin und ging erwartungsvoll in das Wohnzimmer und da saß eine Frau, wie sich später herausstellte, eine Fürsorgerin vom Jugendamt S....... , Frau D........ .

Sie griff mich sofort an und fragte mich: „ B........, warum bist du denn immer so frech?“ Vollkommen überrumpelt geriet ich in Erklärungsnot und stammelte „ na ja, meine Schwester wird halt so bevorzugt, sie bekommt alles was sie will, und ich bekomme nur 1 DM in der Woche“ woraufhin Frau D........ mit schriller erhobener Stimme entgegnete „das ist doch auch richtig“. Sie schimpfte mich sehr über mein angeblich freches Verhalten aus, welches ihr von meiner Mutter und Großeltern berichtet wurde.

Über A.......s Verhalten wurde nur Gutes berichtet, das sie herumschrie, um ihren Willen durchzusetzen und mich mit Ausdrücken beschimpft, kam Frau D....... nicht zu Ohren. Frau D........ glaubte denen alles.
Danach war mir sofort klar, das ist wieder mal nur eine Helferin meiner Peiniger, die ist nicht auf meiner Seite und danach habe ich nie wieder versucht, ihr etwas von meiner Situation klar zu machen.
Sie kam ab dann öfter und es wurde beschlossen, dass ich in ein Heim komme.
Ich war auch einverstanden, weil ich mir das schön vorstellte.
Ich wollte auf alle Fälle nur weg, die Verhältnisse wurden immer unerträglicher.
Ich nahm auch immer mehr Anstoß an den unhygienischen Verhältnissen in dieser kleinen 2 Zimmerwohnung.
Alle Personen waren nicht besonders reinlich, ich ekelte mich sehr.
Der Großvater erbrach sich und lief dabei durch die Wohnung und beschmutzte auch mit seinem Erbrochenen die Türklinke.
Ich war so voller Ekel, das ich diese Türklinke nicht mehr anfassen konnte und machte diese Tür nur noch mit dem Fuß auf.
Das steigerte wiederum die Aggression gegen mich, aber keiner war in der Lage, den Sachverhalt mit mir vernünftig zu klären.
Ich äußerte den Wunsch, in den Nachbarort E...... in das Kinderdorf zu kommen.
Ich hatte in der Realschule Klassenkameraden, die dort untergebracht waren und die fühlten sich dort sehr wohl, ich besuchte auch mal ein Mädchen, es war eine familiäre Atmosphäre, so was wünschte ich mir auch. Dies lehnte Frau D,,,,,,,, sofort ab.
Sie hatte ein Kinderheim in München herausgesucht, mir Bilder davon gezeigt und es sollte abgewartet werden, bis dort ein Platz frei würde.
Was auch niemand mitbekam, das so ca. seit ich 11 Jahre alt war und weibliche Formen bekam, der Bruder meiner Mutter W.... sexuelle Übergriffe auf mich startete, die immer drastischer wurden.
Er missbrauchte mich sexuell bis zum Alter von ca. 14-15 Jahren, genau weiß ich es nicht mehr.
Ich litt in dieser Zeit auch noch darunter, dass ich damals extrem an Gewicht zunahm und übergewichtig wurde, was wieder ein Grund mehr war, von der Umwelt gehänselt zu werden.
Als ich 13 Jahre alt war, geschah im Frühjahr 1970 dann folgendes:
Es war so um die Mittagszeit, ich stritt mal wieder mit A..... und ohrfeigte sie auch.
Meine Mutter war auch anwesend und immer wenn A,,,,, schrie, war ja klar, ich hatte mal wieder was Schlimmes verbrochen. Meine Mutter regte sich furchtbar auf.
Sie schrie hasserfüllt „ Das dreckige Aas, immer muss sie das arme Kind ärgern, am liebsten würde ich ihr die Suppe überschütten“
Nichts Gutes ahnend rannte ich ins Wohnzimmer.
Meine Mutter kam auch in das Wohnzimmer mit dem Topf der kochend heißen Suppe.
Ich wusste, sie meinte das ernst und flüchtete hinter den Tisch.
Sie schüttete die Suppe über mich, ich drehte mich zur Seite, damit ich nichts ins Gesicht bekam.
Ich bekam das meiste auf den Rücken und beide Arme.
Meine Mutter schlug mich weiter dann noch mit einem Besen.
Dann brach in der Wohnung das absolute Chaos aus.
Jeder schrie, mein Opa brüllte, ich hole die Polizei, was er auch tat. Meine Mutter ging weg, um das Jugendamt anzurufen, um mich kümmerte sich erst mal niemand.
Als eine Nachbarin wegen des Geschreis von unten hoch kam und mit bekam, was passiert war, verteidigte meine Mutter ihre Handlung sofort wieder mit dem alten Lied, ich sei ja so frech. Sie zeigte keinerlei Reue.
Die Nachbarin sagte, also gute Frau, es gibt aber wirklich andere Methoden ein Kind zu strafen.
Nach dem endlich ein Arzt kam, zog mein Stiefgroßmutter mir den Pullover aus.
Als sie das Ausmaß der Verletzungen sah, weinte sie entsetzt.
Ich hatte ausgeprägte Verbrennungen dritten Grades am Rücken, beide Arme waren verbrannt und in der Hüfte die rechte Seite hat es am schlimmsten getroffen, weil ich mich zur Seite gedreht habe und mich gebeugt hätte ich dies nicht getan, wäre mein Gesicht frontal getroffen worden
Der Arzt wies mich in das Krankenhaus E....... ein, wo ich ca. 5 Wochen stationär behandelt wurde.
Meine Mutter bekam vom Krankenhaus Besuchsverbot.
Mittlerweile schien auch die liebe Frau D..... vom Jugendamt den Ernst der Lage begriffen zu haben, sie suchte mich im Krankenhaus auf und sagte, das ich sofort nach dem stationären Aufenthalt in ein Heim müsse und sie es nicht mehr verantworten könne, das ich noch mal in die Wohnung zurück kehre. Da in München immer noch kein Platz frei sei, käme ich nach Ilbenstadt in Hessen, nahe Friedberg.
Meine Mutter bekam die Vormundschaft entzogen und während des Krankenhausaufenthaltes wurden meine Verletzungen auch von einem Beauftragten des Gerichts fotografiert und Anklage gegen meine Mutter erhoben, die aber aus unerfindlichen Gründen nie weiter verfolgt wurde.
Sie bekam kein Gerichtsverfahren und keine Strafe.
Anfang Mai 1970 nach dem Krankenhausaufenthalt kam ich nach Ilbenstadt in das katholische Mädchenheim St.Gottfried.
Frau D..... fuhr mich in ihrem Privatwagen dort hin.
Meine Stiefgroßmutter weinte beim Abschied, meine Mutter war nicht da.
In Ilbenstadt angekommen, wurden wir zunächst mit Frau Dewald durch das Heim geführt, anschließend wurde ich in meiner Gruppe abgegeben und Frau D..... verabschiedete sich.
Vorher wurde mit Frau D..... noch besprochen, das ich keine brieflichen Kontakte nach E....... pflegen darf nur mit meiner Stiefgroßmutter, meiner Freundin M....... und meiner Cousine M......., da dies ja eine Verwandte war. Ich hatte ein paar lose Freundinnen, zu diesem Zeitpunkt wäre mir es wichtig gewesen, denen zu schreiben
Der Empfang in der Gruppe war alles andere als eine nette Begrüßung, ich wurde von niemandem nett begrüßt oder vorgestellt.
Die anderen Mädchen stürzten sich auf meine mitgebrachten Sachen, durchwühlten und sortierten aus, ich bekam zunächst meine Zeitschriften (Bravo Hefte) abgenommen, das dürfe man hier nicht lesen, mein Geld wurde mir abgenommen, keiner durfte Bargeld haben, das wurde von der Gruppenleiterin aufbewahrt.
Die Gruppenleiterin wurde dort Gruppenmutter genannt, es war eine unverheiratete ältere Dame mit grauen Haaren die wir mit Frl.Sch....... ansprachen.
Weiter ging erst mal die Aufnahme:
Meine Röcke seien zu kurz, die müssten länger gemacht werden in Knielänge, man dürfe keine Männer reizen.
Wo da ja so viele Gelegenheiten waren!
Schon kurz nach der Aufnahme war ich gelähmt vor Entsetzen, als ich mitbekam, wie die Regeln und Gesetze in dem Heim waren.
Das war aber was ganz anderes, als das Kinderdorf in E...... .
Es war ein Mädchenerziehungsheim, was aber immer kategorisch von der Leitung bestritten wurde.
Warum wurde ich für all mein Leiden, was ich bisher ertragen musste, nun weiter bestraft?
Meine Hoffnung, hier wird mein Leben besser, wurde schnell enttäuscht, als ich mitbekam, wie das Leben hier war.
Was hier ablief war Freiheitsberaubung, Entwürdigung, Bevormundung, komplette Wegnahme jeglicher geringfügiger Privatsphäre, die ich je hatte.
Im Heim lief der komplette Tagesablauf geregelt in der Gruppe ab. Die hatten alles unter Kontrolle, sogar wann wir den Mund aufmachen durften und wann nicht.
Am ersten Abend kam ich dann in ein Dreibettzimmer, wo noch 2 andere Mädchen wohnten, E..... und H......., beide waren unfreundlich.
Ich fragte E..... etwas und sie herrschte mich an „ psst, wir haben Schweigen“
Ich wusste ja von nichts und war noch mehr entsetzt.
Der Tagesablauf im Heim lief folgendermaßen:
Morgens um 6 Uhr wurden wir geweckt .Es durfte keiner sprechen.
Jeder musste sein Bett auslegen und dann in den Waschraum wo mehrere Waschbecken in einem Raum waren und ein Waschbecken mit einem anderen Mädchen geteilt werden musste.
Ausziehen musste man sich bis auf die Unterhose, manchmal schaute auch Frl. Sch...... beim waschen zu.
Die Badewanne mit abschließbarer Kabine durfte nur Samstags benutzt werden
Nach dem waschen und anziehen musste jeder sein Bett machen, natürlich ganz korrekt, sonst wurde es von Frl. Sch...... wieder auseinander gerissen, was sie gerade am Anfang bei mir häufig tat, denn ich konnte das ja nicht.
Um 6.45 Uhr gab es dann Frühstück .Bis zu diesem Zeitpunkt durfte keiner ein Wort sprechen, es hieß immer „wir haben Schweigen “
Vor und nach dem Frühstück wurde wie vor jeder Mahlzeit gemeinsam gebetet.
Während des Frühstückes war das Redeverbot aufgehoben, es gab Brot, Butter, Marmelade Malzkaffee und manchmal Müsli.
Als Geschirr gab es graue Teller und Tassen, die nicht kaputt gehen konnten.
Nach dem Frühstück vor der Schule war erst mal Arbeitsdienst.
Man nannte es jeder bekommt ein „ Ämtchen “ entweder Zimmer putzen, Bad oder Küche sauber machen oder Flur putzen.
Während der Arbeit war auch wieder Schweigen verordnet.
Die komplette Gruppe musste täglich gründlichst geputzt werden, außer Sonntag.
Um 8 Uhr begann die Schule und ging bis12.30 Uhr.
Die Schule war eine Heimschule in der nur Mädchen aus dem Heim unterrichtet wurden.
Es war Unterricht auf Hauptschulniveau, jeder kam erst mal in diese Schule.
Nach der Schule ging es zurück in die Gruppe, wo es Mittagessen gab.
Danach gab es Tisch-oder Spüldienst, einige hatten Freizeit, sofern ihr morgendlicher Putzdienst erfolgreich absolviert war.
Fand Frl. Sch..... noch Schmutz oder Staubreste, musste nachgeputzt werden.
Am Nachmittag waren dann immer 2 Stunden Hausaufgabenzeit, egal wie viel man auf hatte.
Der Rest des Nachmittages wurde dann von Frl. Sch..... bestimmt, was gemacht wurde.
Entweder ein gemeinsames Ballspiel im Heim im Park, oder ein Spaziergang nach draußen unter Aufsicht.
Oder Gartenarbeit, Wege fegen, Laub aufsammeln. Im Park gab es immer Arbeit.
Um 18 Uhr gab es dann Abendessen.
Nach dem Abendessen war wieder Schweigen, wir mussten uns dann so früh schon ausziehen und waschen und um 19 Uhr mussten wir uns alle im Tagesraum im Schlafanzug versammeln um die ZDF Heute Nachrichten anzuschauen. Danach wurde das Nachtgebet gesprochen und wir mussten auf unser Zimmer, jeder in sein Bett,
Das Licht durften wir noch eine kleine Weile anlassen um etwas lesen, gegen 20 Uhr bekamen wir von Frl. Sch..... Gute Nacht gesagt, ab diesem Zeitpunkt musste jeder schlafen.
Die Zimmertüren mussten aufbleiben, damit Frl. Sch..... in ihrem Zimmer am Ende des Flures alles hören konnte.
Wer das Schweigen brach, wurde bestraft.
Die Gruppe, geschweige denn das Heim dufte nicht verlassen werden, nur in Verbindung mit einer vorgegebenen Gruppenaktivität mit allen.
Außenkontakte waren nicht erlaubt.
Die Briefe die ich schrieb, musste ich unverschlossen abgeben, da sie vor dem abschicken gelesen wurden. Auch Briefe, die ich erhielt, waren geöffnet und vorher gelesen worden.
Einmal schrieb ich jemandem, wir müssen hier von Blechtellern essen, dieses hässliche graue Geschirr sah halt für mich so aus.
Daraufhin wurde ich zur Heimleiterin zitiert, welche mich beschimpfte, das wäre doch teures Chromagan Geschirr, wie ich das Heim so verunglimpfen könne.
Die Heimleiterin und ihre Vertreterin waren auch 2 unverheiratete ältere grauhaarige Damen.
Freundschaften im Heim gab es wenige, weil unter den Mädchen Konkurrenzdruck gegeben war, wer am besten funktionierte, die verlangten Arbeiten gut erledigte, seine Sachen immer aufgeräumt hatte, erhielt Lob.
H..... aus meinem Zimmer war so eine, die sehr zur Zufriedenheit der Erzieher funktionierte.
Zwischen den beiden Zimmergenossinen und mir herrschte eine feindselige Atmosphäre.
Vonseiten des Heimes wurde meine Vorgeschichte aus E....... nie angesprochen, es wurde unter den Tisch gekehrt.
Die Verbrennung war ja noch nicht ganz verheilt und man sagte den anderen Mädchen nur, dass ich erst mal keinen Sport mitmachen durfte.
Frl. Sch..... war die einzige, natürlich auch die Heimleitung, die wussten, was passiert war.
Wie ich das verarbeite, hat niemanden interessiert, es wurde nie darüber gesprochen.
Ich litt still vor mich hin, war oft geistig abwesend und musste mich halt wohl oder übel in dieses Leben dort integrieren. In der Heimschule war ich auch geistig abwesend, ich konnte jetzt einfach keinem Schulunterricht folgen.
Der Klassenlehrer, Herr H..... bemerkte dies.
Eines Tages schrie er mich an „ Du bist ein Phlegma, weißt du, was das ist?“
Ich verneinte, woraufhin er mir ein Wörterbuch hinknallte und sagte „ hier, schau nach “
Ich erinnere mich da ich las, dass ein Phlegma eine träge unbewegliche Sache ist, so in etwa.
Das war ich also!
Die Kette von Beleidigungen und Demütigungen gegen mich ging gerade so weiter wie in E....... .
Die Beziehung im Heim zu allen Erziehern war distanziert und kühl.
Frl. Sch....., die Gruppenmutter war an 6 Tagen der Woche anwesend, an einem Tag hatte sie frei und da kam eine Vertretung, das war oft die stellvertretende Heimleiterin Frau O......... .
Das Wort Gruppenmutter war nicht so passend, Aufseherin entsprach eher ihrer Funktion.
Das wichtigste im Heim waren die Kirche und der Glaube an Gott und züchtig zu bleiben.
Neben den vielen Gebeten war es auch mehrmals pro Woche Pflicht, zur Kirche zu gehen.
Sonntags morgens immer .
Die Andachten fanden innerhalb des Heimes statt, in einer Kapelle, die zum Heim gehörte.
Uns wurde vermittelt, die Welt draußen ist schlecht, deswegen keine Außenkontakte, im Heim sind wir geschützt.
Nach meiner Aufnahme im Mai waren ja bald die großen Sommerferien.
Manche Kinder durften dann einige Tage nach Hause fahren, jedoch nie die ganzen Ferien.
Da hatten die dann zuviel Angst auf schlechte Einflüsse.
Ich durfte nicht weg, da ich erst zu kurz in dem Heim war.
Die Ferien waren schrecklich.
Statt Schule mussten wir arbeiten, außer in den 2 Wochen wo wir mit dem Heim im Schwarzwald waren. Das war eine vom Heim organisierte Fahrt, die immer in den Sommerferien gemacht wurde.
Im Heim gab es wenig hauswirtschaftliches Personal.
In der Großküche, in der Wäscherei, in der Gärtnerei und in der Schneiderei gab es jeweils eine Angestellte welche die Arbeiten überwachten, welche von Mädchen aus dem Heim verrichtet wurden.
Die Mädchen, die hier ganztags arbeiten, waren besonders schlimm dran. Sie hatten im Heim die Hauptschule absolviert und es wurde ihnen die Intelligenz abgesprochen, eine weiterführende Schule zu besuchen.
Sie machten also eine „hauswirtschaftliche Lehre“ und mussten ganztags schuften.
Abgeurteilt wurde man hier sehr schnell, da musste man aufpassen.
In den Ferien wurde ich dann dort zugeteilt und musste mitarbeiten.
Ich beschloss mich von jetzt an in der Schule anzustrengen, um nach der Hauptschule in die begehrte Gruppe 3 zu kommen, in welcher die „intelligenten Mädchen“ in Friedberg eine Berufsfachschule besuchten und die mittlere Reife erwarben.
Den in diesen Sommerferien musste ich mit denen mitarbeiten und war froh, als die Sommerferien vorbei waren.
Im Heim war einmal im Monat Besuchssonntag.
Meistens kamen dann meine Mutter und W....., da der ein Auto besaß.
Wir fuhren dann nach Friedberg Kaffee trinken, das war die einzige Gelegenheit, mal aus dem Heim raus zu kommen.
Auch hier ließ W..... keine Gelegenheit aus, mich anzutatschen, wenn meine Mutter mal außer Reichweite war.
Ich durfte das erste Mal wieder nach E....... im Dezember 1970 und zwar vom 25.12-30.12.
Heiligabend und Silvester mussten im Heim verbracht werden.
Abgeholt wurde ich von W..... mit dem Auto, auch hier nutze er gleich die Gelegenheit und zwang mich erst mal mit ihm nach Hause zu kommen um sexuelle Handlugen an mir vorzunehmen.
Ich kann nicht genau sagen, wie lange dies ging, irgendwann hatte ich im Heim Angst, ich könne schwanger sein und erzählte dies einem Mädchen, die dies meldete. Das war so ca.71oder 72.
Daraufhin wurde meine Mutter in das Heim bestellt und dem Jugendamt Meldung gemacht, danach hörte der Missbrauch auf, weil W..... ein Kontaktverbot vom Jugendamt ( angeblich!) bekam und ich dann künftige Heimreisen mit dem Zug machte.
Die Heimleiterin sagte zu meiner Mutter, dass ich ein böses Kind sei, den armen Onkel so in die Pfanne zu hauen.
Da hatten wir es mal wieder!
Ich wagte mich auch einmal im Heim, das Schweigen zu brechen.
Daraufhin musste ich im Erdgeschoß schlafen, wo ich in ein Zimmer gesperrt wurde.
Im Erdgeschoß war ich allein, nachts war dort niemand.
Ich öffnete das Fenster, welches ja vergittert war und es kam ein Junge aus dem Dorf zum Gitter und sprach mit mir, sonst ist nichts passiert.
Am nächsten Tag, der Vorfall wurde beobachtet, gab es ein Riesentheater.
Es sei was ganz Schlimmes passiert, es seien Jungs angelockt worden.
Ich schlief dann wieder in meinem Zimmer, an die Strafe kann ich mich nicht mehr erinnern, irgendwas erfolgte aber.
Jede Kleinigkeit wurde strengstens abgestraft. Einmal riss ich im Park des Heimes mir einige Äpfel von einem Baum.
Eine andere Gruppenleiterin sah dies vom Fenster aus und meldete dies.
Ich wurde sofort wie eine Kriminelle behandelt, das wäre Diebstahl.
Als Strafe bekam ich 2 Wochen keinen Nachtisch und musste 1DM pro Apfel von meinem Taschengeld bezahlen.
Wir wurden im Heim selten geschlagen, das war auch nicht nötig, der Psychothrill reichte schon aus, um uns gefügig zu machen.
Einmal bekam ich eine schallende Ohrfeige von Frau ........ , weil mein BH Träger unter dem Shirt hervorrutschte, weil das ja unanständig war.
Meine Zimmergenossin E..... kam aus einem ihrer Heimaturlaube zurück und war schwanger.
Sie musste das Kind austragen.
Das Leben ging dann halt so seinen Gang, ich gewöhnte mich an das Leben im Heim, was blieb mir auch anderes.
Es gab auch Kinder die wegliefen, ich traute mich dies aber nicht.
Meist wurden sie schnell wieder aufgegriffen und kamen oft in ein anderes Heim, wo es angeblich noch schlimmer sein soll.
1972 wechselte ich die Gruppe und kam in die beliebtere Gruppe 3, wo ich von 72 - 74 außerhalb des Heimes in Friedberg die Berufsfachschule besuchte.
Das war zumindest eine kleine Verbesserung, die Regeln dort waren etwas aufgelockerter und man hatte Kontakt zur Außenwelt.
1973 erhielt ich dann einen Anruf, dass meine Stiefgroßmutter gestorben ist.
Meine „Familie“ hatte in der Zwischenzeit ihre Wohnsituation verbessert, sie zogen aus der kleinen 2 Zimmerwohnung unter dem Dach in das Erdgeschoß in eine 3 Zimmerwohnung mit Bad. In den Ferien waren meine Besuche meiner Mutter immer lästig, ich wollte halt wenn es irgend ging mal raus dem Heim.
Einmal sagte sie zu mir „ du bist ja schon wieder da“
Der Großvater litt unter dem Tod der Oma.
Das kärgliche Sexleben mit ihr kam ihm jetzt so richtig ins Bewusstsein und er fing an, sexuell übergriffig zu werden.
Er sagt einmal, komm doch mal zu deinem Opa auf den Schoß.
Nichts Böses ahnend, machte ich dies, er griff mir dann unter den Pullover an den Busen.
Ein anderes Mal fragte er mich, ob ich an seinem Penis reiben würde.
Im Heim litt ich trotz der verbesserten Gruppensituation immer noch unter dieser restriktiven Heimleitung, nichts durfte man. Im Sommer 73 war in Ilbenstadt Dorfkirmes. Ich wäre gerne mal mit einem Mädchen dorthin, mit 16 möchte man ja schließlich auch mal was unternehmen.
Natürlich bekamen wir das wieder verboten.
Wütend darauf, klügelte ich mit dem Mädchen, sie hieß H....., einen Plan aus.
Wir hatten abends Küchendienst und erhielten abends den Generalschlüssel, um das Geschirr in die Hauptküche zu bringen.
Wir schlossen uns eine Seitentür und ein kleines Tor an der Parkmauer des Heimes auf, dies bemerkte niemand.
Wir schlichen uns dann des Nachts raus und gingen zur Kirmes.
H..... tat dies dann jeden Abend, mir genügte es ein einziges Mal.
Es waren dann Sommerferien und ich war zum Urlaub in E....... , anschließend war ich zu einer Jugendfreizeit nach Italien angemeldet. Das war die erste offene Freizeit in einer Jugendgruppe, in der ich hätte mitfahren dürfen. Die vorigen Freizeiten in den Sommerferien waren nur vom Heim und mit Heimerziehern und Kindern ausschließlich.
Während des Urlaubes in E....... kam ein Telegramm vom Heim, meine Mutter möge sich sofort melden, wir hatten immer noch kein Telefon.
Meine Mutter rief von der Telefonzelle aus an und die Heimleiterin befahl meine sofortige Rückreise in das Heim. Der nächtliche Kirmesgang wurde von einem Mädchen verpetzt.
Wer petzte, war da gut angesehen.
Ich verweigerte die sofortige Rückreise und bin zum Jugendamt und habe denen gesagt, das ich auf keinen Fall dort hin zurück ginge.
Ich hatte mittlerweile ein kinderloses Ehepaar in Ilbenstadt kennen gelernt, die mir anboten, mich aufzunehmen.
Die Frau war Sozialpädagogin und fuhr morgens im Bus nach Friedberg zur Arbeit, dadurch lernte ich sie kennen. Sie fanden die Zustände im Heim auch unmöglich.
Ich sagte dem Jugendamt, ich möchte zu diesem Ehepaar.
Der Mann beim Jugendamt sagte dann zu mir, das habe er ja noch nie erlebt, das eine solche Rotzgöre wie ich solche Forderungen stelle und ich hätte ins Heim zurückzugehen.
Ich sagte noch zu ihm, ich weiß, was mir dann dort blüht, ich darf nicht mit zu dieser Freizeit und werde zum Arbeitsdienst eingeteilt.
Er versprach mir hoch und heilig, er würde persönlich dafür Sorge tragen, das ich mit zu dieser Freizeit dürfe.
Ich fuhr dann nicht sofort, das verweigerte ich, aber zu dem ausgemachten Rückreisetermin in das Heim.
Das es ein knallhartes Gespräch geben wird, war klar.
Meine Mutter fuhr mit und ich sagte zu ihr „ so, einmal im Leben stellst du dich hier und jetzt auf meine Seite“
In F...... bejahte sie dies noch.
Nach dem Gespräch mit der Heimleiterin sah ich es schon an ihrem Gesicht, auf wessen Seite sie sich gestellt hatte, nicht auf meine.
Sie sagte, die Version der Heimleiterin wäre ihr jetzt plausibel erschienen und sie hätte ihre Meinung halt geändert. Wie konnte ich auch nur eine Minute glauben, meine Mutter würde sich einmal auf meine Seite stellen
Ich hatte verloren, die Ferien waren gelaufen.
Auch der vom Jugendamt hielt sein Versprechen nicht ein, das Heim strich mir die Freizeit und ich musste, wie ich ahnte, statt dessen im Heim schuften 8 Stunden pro Tag.
H..... habe ich nie wieder gesehen, sie wurde aus dem Heim entfernt. Somit konnte sie auch ihre Berufsfachschule nicht fertig machen, sie ging mit mir in eine Klasse.
Keiner wusste, wo man sie hingebracht hatte.
Im Januar 1974 wechselte die Heimleitung, ein Ehepaar übernahm das Heim. Diese lockerten die Rahmenbedingungen.

Ab sofort wurden wir nicht mehr wie Gefängnisinsassen behandelt. Wir bekamen Ausgang. Wir gingen an Fasching zu einem Maskenball im Ort, das war echt klasse und machte allen Spaß. Die Dorfbewohner stellten verwundert fest, das sind ja ganz normale Mädchen. Die dachten immer, was sind das für komische Wesen, die da hinter diese Mauern eingesperrt sind. Ich ging in den örtlichen Judoverein, was ich schon immer machen wollte. Ich durfte auch abends mit denen ausgehen. Somit war das letzte halbe Jahr der Heimzeit viel erträglicher.

Ich musste mir in diesem halben Jahr auch Gedanken machen, wie es nach dem Schulabschluß weiter geht. Ich entschied mich für eine Ausbildung zur Krankenschwester, mein Wunschberuf wäre Tierärztin gewesen. Da ich dann allerdings erst mal das Abitur hätte nachmachen müssen und mich um Unterbringung und Bafög hätte bemühen müssen, erschien mir dies zu schwierig. Und der neue Heimleiter unterstützte mich dahingehend auch nicht. Er machte mit mir einen Intelligenztest und sagte mir, das würde ich nicht schaffen. Die Ausbildung zur Krankenschwester war der einfachste Weg.

Ich bewarb mich an mehreren Kliniken in W........ und erhielt am 1.10.1974 einen Ausbildungsplatz im Paulinenstift in W........ . Nun wird mein Leben endlich gut, dachte ich. Jetzt kommt der Traumprinz, ich werde heiraten und Kinder bekommen und der Traumprinz macht alles wieder gut.
Die Realität sah leider anders aus. Ich hatte große Schwierigkeiten, mit Menschen und Beziehungen in meiner Umgebung klar zu kommen, vor allem am Arbeitsplatz gab es Probleme. Die festen Strukturen im Heim hatten mich so geprägt, dass ich irgendwie gar nicht fähig war, allein ohne Druck und Vorschriften zu leben. Der Aufbau von Freundschaften oder gar Liebesbeziehungen gelang einfach nicht. Obwohl ich im Heim recht gut in der Berufsfachschule in Friedberg war, schaffte ich die Zwischenprüfung im Paulinenstift nach einem Jahr nicht. Ich sollte die Ausbildung abbrechen.

Damals setzte sich dann eine Stationsleiterin bei der Oberschwester für mich ein und sagte, sie können doch jetzt das Mädchen nicht auf die Straße setzen, sie kommt schließlich aus einem Heim und hat nichts und niemanden. Daraufhin bekam ich die Chance, das erste Ausbildungsjahr nochmals zu wiederholen und schloss dann auch die Ausbildung 19xy erfolgreich ab. Während der Ausbildung hatte ich einen Freund mit welchem ich dann auch eine gemeinsame Wohnung bezog, aber nach kurzer Zeit beendete ich die Beziehung, ich sah mich nicht in der Lage, diese Beziehung zu führen. Ich zog in eine eigene kleine Wohnung.

Kontakte zu meiner Familie waren sporadisch zu meiner Mutter, meiner Schwester. Der Großvater verstarb 1975. Die Familie meiner Tante M....... und Cousine M.......behandelten mich als zweitklassige Verwandte. Meine Cousine heiratete einen Anwalt und brach den Kontakt zu mir ganz ab, da sie meinte, nun etwas Besseres zu sein.
Zu meiner Jugendfreundin M........, welche im während des Studiums ihren Ehemann kennen lernte, gab es selten Kontakt.

Auch nach der Ausbildung veränderte sich nicht viel. Ich hatte viele lose Kontakte, aber richtige Freundschaften entstanden nicht. Mit einem Mann eine Beziehung aufzubauen, gelang mir nicht, ich hatte nur Affären. Ich erlebte nur das, was ich schon kannte, Distanziertheit und Bindungslosigkeit.

Ich verliebte mich oft in einen Mann, die zwar mit mir ins Bett gingen, aber keine feste, verbindliche Beziehung zu mir wollten. Ich erlebte wieder diese Ablehnung, wie ich sie schon aus der Kindheit kennte, auch Beleidigungen und Demütigungen. Ich arbeitete weiterhin als Krankenschwester, war aber nie glücklich in dem Beruf.
Es wurde viel verlangt und die Bezahlung war schlecht. Privat führte ich ein recht einsames Leben und auf meinen Arbeitsstellen hatte ich immer Probleme mit Vorgesetzen und Kollegen. Selten entstanden Freundschaften, die waren dann nie von längerer Dauer.

Aus meiner Einsamkeit heraus war ich auch immer ein gutes Opfer für Leute, die andere ausnutzten. 19xy bekam ich meinen Sohn. Der Vater von ihm war auch wieder einer von den Menschen, die mich nur ausgenutzt und schlecht behandelt haben. Er kümmerte sich während und nach der Schwangerschaft überhaupt nicht um mich. Bezahlen tut er auch nicht, er hat sich ins Ausland abgesetzt, gehört habe ich nie wieder etwas von ihm.
Ich war die ganze Zeit auf mich alleine gestellt, Freunde und Verwandte gab es ja nicht. Ich war gezwungen, von Sozialhilfe zu leben. Meine Isolation mit einem kleinen Kind war ein weiterer steiniger Weg. Andere hatten tolle Partner, Oma, Opa, weitere Verwandte und Freunde und gute finanzielle Verhältnisse. Ich dagegen war ganz alleine.
Mein Sohn erwies sich dann auch als recht schwieriges Kind, es wurde im Alter von 3 Jahren Hyperaktivität diagnostiziert, was Freundschaften und Kontakte nochmals erschwerte.

Trotz aller Schwierigkeiten war ich aber immer bemüht, für meinen Sohn da zu sein, ihn zu unterstützen, mit ihm etwas zu unternehmen und soweit es in meiner Macht steht, ihm eine schöne Kindheit zu ermöglichen.

Auch mein Sohn leidet darunter, dass wir so isoliert leben und keine Verwandten haben, Weihnachten und Silvester sind sehr schwierige Zeiten. Auch die finanzielle Situation ist belastend, wer arm ist, ist ausgegrenzt. Viele Dinge, die für andere selbstverständlich sind, z.B. ein Urlaub ist einfach nicht drin. Einen Menschen, der mich achtet und mir das Gefühl gibt, etwas wert zu sein, habe ich bis heute noch nicht gefunden.

Das Gefühl nichts wert zu sein und auf der ganzen Linie versagt zu haben, ist bis heute geblieben.