2006

Treffen ehemaliger Heimkinder aus dem Vincenzheim Dortmund
im Mutterhaus der Vincentinerinnen in Paderborn

Am Mittwoch, dem 6. 12. 2006,

trafen sich neun ehemalige Heimkinder, die in den 60er Jahren in der Erziehungsangsstalt Vincenzheim in Dortmund untergebracht waren, zu einer dreistündigen Gesprächsrunde im Mutterhaus der Vincentinerinnen in Paderborn.
Die Begrüssung der Schwestern, am weihnachtlich gedeckten Tisch, war sehr herzlich.
Danach stellten sich die Schwestern als qualifizierte pädagogische Kräfte vor, ausgebildet als Sozialpädagogin, Lehrerin, Sozialarbeiterin, Kinderkrankenschwester, Leiterin  eines Altenheimes, und eine ehemalige Schwester aus dem Vincenzheim, die als junge, zur Sozialar beiterin ausgebildete Schwester, Anfang 1970, also nach der Zeit, in welcher die anwesenden Ehemaligen  im Vincenzheim gewesen sind, ihre Tätigkeit in der Aufnahmestation begann, der  Abteilung, welche sie anschließend 15 Jahre geleitet hat. 

Ebenfalls anwesend waren die General-Oberin und ihre Sekretärin, die den Betroffenen die Einladung zu diesem "Runden Tisch" ermöglicht hatte. Von den Schwestern, welche die Betroffenen damals als Betreuerinnen erlebt hatten, konnte leider keine mehr an dem Treffen teilnehmen.
Nacheinander erzählten die betroffenen Frauen ihre Geschichte vom Aufenthalt in der damaligen geschlossenen Erziehungsanstalt und die Folgen aus dieser Zeit.
Die Schwestern hörten aufmerksam zu und zeigten sich von den Erzählungen aus dieser Zeit sehr betroffen.
Es entstand anschließend eine rege Unterhaltung und ein von gegenseitiger Achtung getragener Erfahrungsausstausch.
Am Ende der Gesprächsrunde übergaben die Ehemaligen der General- Oberin ein Schriftstück, eine Liste ihrer Zielsetzungen, mit der Bitte, die nun begonnene Aufarbeitung weiter zu betreiben.
Zum Abschied wurde durch die General- Oberin die Zusage zu einer weiteren Einladung ins Mutterhaus Paderborn ausgesprochen. 

Bethanien Kinderdörfer

12. Mai 2006

In der Festrede anlässlich des 50 jährigen Bestehensder Bethanien Kinder- und Jugenddörfer in Deutschland sagte Sr. Sara Böhmer Generalpriorin der Kongregation der Dominikanerinnen von Bethanien:

" ..... Auch bei uns war nicht alles gut: Entschuldigung!

An dieser Stelle möchte ich nicht verschweigen, dass nicht jeder, der in den Kinder
dörfern aufgewachsen ist, mit Dankbarkeit auf diese Jahre zurückblicken kann. Auch bei uns hat es Verletzungen gegeben, und es gibt nicht nur schöne, sondern auchschmerzliche Erinnerungen an die Zeit im Kinderdorf. Es ist immer wieder sehr schmerzlich zu erleben, dass "gut gemeint" nicht auch automatisch "gut" bedeutet.Wir alle, Schwestern wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sind nur Menschen und damit von Natur aus nicht vollkommen. Wir sind immer auch Kinder unserer Zeit und Gesellschaft, auch wenn wir versuchen, uns einen kritischen Blick zu bewahren.

Ich selbst bin 1959 geboren, und ich kenne kaum jemanden in meiner Generation, der ohne körperliche Gewalt in Familie und Schule aufgewachsen ist. In vielen Fällen konnten Ehemalige mit ihren Gruppenschwestern schmerzhafte Erfahrungen aus ihrer Kindheit anschauen und aufarbeiten. Wir sind nicht unfehlbar, und wo es angebracht und möglich ist, bitten Schwestern um Verzeihung für empfundenes Unrecht und ungute Erlebnisse. ....... "

25. August 2006 · 19:15 Uhr

Deutschlandfunk “Prügel vor der Predigt”

Heimkinder im Westdeutschland der 50er und 60er Jahre
Von Daniela Schmidt und Otto Langels

“..wie verhalten sich Kirchen, Diakonie, Caritas, Landeswohlfahrtsverband in dieser Diskussion? Sind sie bereit, sich zu entschuldigen, die Heimkinder für die damals unentgeltlich geleistete Arbeit entschädigen?”

Bericht über die Tagung in Idsteln am 9. Juni 2006 von Elke Meister

Die Fachtagung in Idstein am 9.Juni 2006 unter dem Motto: „ Aus der Geschichte lernen – die Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren, die Heimkampagne und die Heimreform“ aus der Sicht einer Teilnehmerin die in genau diesen Jahren Heimerziehung erlebt hat.

Ich fuhr mit sehr gemischten Gefühlen nach Idstein im Taunus um an dieser Tagung teil zu nehmen. Einiges hatte ich schon gehört und gelesen über den „ Kalmenhof „ diesem berühmt, berüchtigten Erziehungsheim. Es war nichts Gutes was ich über dieses Heim wußte. Einige ehemalige Insassen hatten mir sehr schlimme Erlebnisse aus ihrer Zeit dort erzählt und ich weiß wie sehr sie noch immer darunter leiden. Auch deshalb weil ich selbst ein ehemaliges Heimkind bin und viel erzählen kann über die oft grausamen Erziehungsmethoden in den Kinder- und Erziehungsheimen der 50er und 60er Jahre. Seit ich vor etwa drei Jahren anfing über meine Erlebnisse zu sprechen und mit vielen ehemaligen Heimkindern Kontakt bekam musste ich feststellen das der „ Kalmenhof „ eines der schlimmsten Heime war. Oft flossen Tränen bei den Erzählenden und auch bei mir. Ich konnte und kann immer noch nicht verstehen das Menschen anderen, meist Kindern und Jugendlichen, solche Grausamkeiten antun konnten. Ich dachte ich hätte schon Schlimmes erlebt! Die Betonung soll auf dem Wort war liegen, denn ich weiss natürlich das die heutige Erziehung, auch im Kalmenhof, nichts mehr gemein hat mit der damaligen. Aber wir Ehemaligen haben, tief in unseren Seelen, die Narben der Schläge und Demütigungen. Nun nach vielen Jahren machen wir uns langsam frei von dem Gedanken nichts wert zu sein. Für die Aufarbeitung unserer Kinder-und Jugendzeit in Heimen sind Tagungen wie diese in Idstein sehr hilfreich. Auch das Wissen das man uns glaubt und uns ernst nimmt. Der Landeswohlfahrtsverband, die internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfe und der Spiegelbuchverlag haben zu der Tagung eingeladen. Viele, ca. 260 Interessierte, Wissenschaftler, Politiker, damalige und heutige Erzieher sowie ehemalige Heimkinder sind dieser Einladung gefolgt. Unter ihnen auch, privat wie sie sagte, die Bundestagsabgeordnete Frau Marlene Rupprecht ( SPD )

Nach der Begrüßung und Eröffnung der Tagung durch den Landesdirektor des LWV Hessen Herrn Uwe Brückmann und Heinz-Peter Junge Kassel, ein Ehemaliger Insasse, führte uns Frau Dr. Christina Vanja weit zurück in die Vergangenheit und die Geschichte der Stadt Idstein die tief verwurzelt ist mit der des Kalmenhofes. Viele der Bürger arbeiteten dort und hatten Kenntnis von den Geschehnissen. Zitat aus Wikipedia: „ Unrühmlich bekannt wurde die PrivatHeilerziehungsanstalt Kalmenhof in Idstein durch ihre Einbeziehung in das nationalsozialistische Euthanasie-Programm“. Und: „ Auch aus der Zeit unmittelbar nach dem Krieg sind mittlerweile Berichte über Misshandlungen von Schutzbefohlenen Jugendlichen bekannt geworden“. Zitatende Auch Prof. Christian Schrapper, Autor des Buches „ Die Idee der Bildbarkeit „ sprach über die Anfänge der „ Idioten-Anstalt „ Kalmenhof. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Anstalt von Industriellen und Beamten der Frankfurter Oberschicht gegründet und sei am Anfang eine pädagogisch qualifiziert entwickelte Einrichtung gewesen. Bis zu dem oben zitierten unrühmlichen Kapitel in der Zeit 1933 -1945. In diesen Jahren wurden 750 Kalmenhof Bewohner getötet. Prof. Schrapper weist auch darauf hin das die Zentrale des LWV in Kassel in den 50er und 60er Jahren sehr wohl von den Zuständen im Kalmenhof und auch in anderen Heimen gewusst habe. Bei einer einfachen Entschuldigung dürfe es nicht bleiben da müsse schon mehr getan werden meint der Professor. Wie Recht er hat erlebe ich fast täglich in Gesprächen mit ehemaligen Heimkindern. Obwohl eine Entschuldigung wie sie der LWV, in seiner Verbandsversammlung am 05. April 2006, ausgesprochen hat sehr wichtig ist für uns ehemaligen Heimkindern. Bedeutet es doch das anerkannt wird das Dinge geschehen sind die zu entschuldigen sind. Erfreulich ist das der LWV schon seit einigen Jahren mit den Ehemaligen zusammen arbeitet und sie unterstützt bei der Aufarbeitung ihrer Geschichten. Frau Evelin Schönhut-Keil, Erste Beigeordnete des LWV, sagte „ Wir stellen uns unserer Verantwortung. Die Tagung bedeute keinen Endpunkt sondern markiere einen Beginn. „
Peter Wensierski, Spiegel-Journalist und Autor des Buches „ Schläge im Namen des Herrn „ las das Kapitel > Blut und Schokolade < welches das Schicksal einiger ehemaliger Insassen des Kalmenhofes beschreibt. Ich kenne die meisten persönlich und immer wieder könnte ich heulen vor Traurigkeit und Wut über das von ihnen erlittene Leid. Die Fragerunde die anschließend stattfand war, meiner Ansicht nach, zu kurz. Ja, es muss der Zeitplan bei einer Tagung wenigstens in etwa eingehalten werden. Aber es ging mir sehr nahe als ein sichtlich aufgeregter Betroffener um Aufklärung bat über seine Akte die er an vielen Stellen geschwärzt von der für ihn zuständigen Behörde erhielt und erst mal kein Gehör fand. Ich war erleichtert das ihm dies dann doch noch, in der Abschlussdiskussion nach dem Mittagessen, gelang.

Folgende Personen diskutierten mit den Teilnehmern der Veranstaltung und beantworteten auch Fragen zu verschiedenen Themen:
Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ( leider viel zu kurz wegen anderer Termine )
Dr. Matthias Almstedt, Leiter der Abteilung Sozialpädagogik und Sozialwesen an der Käthe-Kollwitz-Schule in Marburg
Evelin Schönhut-Keil, Erste Beigeordnete LWV Hessen
Susanne Nöcker, Hessisches Sozialministerium
Andreas Prinz, Leiter des Jugendamtes der Stadt Gießen
Michael-Peter Schiltsky und Heinz-Peter Junge, Verein ehemaliger Heimkinder e.V.
Prof. Dr. Mechthild Wolff, Fachhochschule Landshut und Vorstand Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen, IGfH

Zu den Ergebnissen der Tagung im Kalmenhof gehören unter anderem folgende Vereinbarungen: 1.Ein Arbeitstreffen von Heimkindern am Runden Tisch mit staatlichen und kirchlichen Betreibern der Heime findet statt
2.Auf diesem Treffen werden die konkreten Fragen der Anerkennung von Arbeitszeiten für die Rente und der Wiedergutmachung geklärt
3.Eine Anhörung von Heimkindern vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in Berlin noch in diesem Herbst
4.Ehemalige Heimkinder sind eingeladen an Fachhochschulen und Universitäten den heutigen Pädagogik-Studenten von ihren Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten
5.Die zuständigen Ministerien wollen die noch vorhandenen Probleme bei der Akteneinsicht abbauen nach dem Motto: „ Besser eine Akte, die gegen uns spricht, als eine vernichtete Akte. „ Zitat Jürgen Gohde, Chef der Diakonie.
6.Weitere wissenschaftliche Aufarbeitung der 50er und 60er Jahre in den Heimen sowie eine Wanderausstellung über die Heimerziehung und der Aufbau von Erinnerungsorten

Ich sehe diese Tagung als einen weiteren, großen Schritt in Richtung Aufarbeitung und vielleicht sogar, eines Tages, Bewältigung unserer schlimmen Kinder-und Jugendzeit.

Gefreut habe ich mich über das Wiedersehen mit einigen Leuten die ich auf anderen Veranstaltungen kennen gelernt hatte und über neue Bekanntschaften. So auch eine Frau die uns, ganz unkompliziert,zur Stadthalle gefahren hat als wir auf der Suche nach einer Bushaltestelle waren. Auf der Fahrt dorthin hat sie uns erzählt das sie Pädagogin ist und vor einigen Jahren im Kalmenhof gearbeitet hat. Trotz des doch eher traurigen Anlasses der Tagung haben wir doch auch sehr viel Spass gehabt. Wir, vier Frauen die als junge Mädchen im Vincenzheim Dortmund eingesperrt waren und uns erst vor ganz kurzer Zeit wieder gefunden haben, haben einen Kurzurlaub daraus gemacht.

Elke Meister

Resolution des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen vom 05.04.2006:

Gemeinsame Resolution aller Fraktionen der Verbandsversammlung
Ehemalige Heimkinder

Die Verbandsversammlung des LWV Hessen hat in ihrer Plenarsitzung am 05.04.2006 einstimmig bechlossen:

Der Landeswohlfahrtsverband Hessen erkennt an, dass bis in die 70er Jahre auch in seinen Kinder- und Jugendheimen eine Erziehungspraxis stattgefunden hat, die aber aus heutiger Sicht erschütternd ist. Der LWV bedauert, dass vornehmlich in den 50er und 60er Jahren Kinder und Jugendliche in seinen Heimen alltäglicher physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt waren.

Der Landeswohlfahrtsverband spricht sein tiefstes Bedauern über die damaligen Verhältnisse in seinen Heimen aus und entschuldigt sich bei den ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern die körperliche und psychische Demütigungen und Verletzungen erlitten haben.

Der Landeswohlfahrtsverband Hessen wird sich weiterhin offensiv mit diesem Kapitel seiner Vergangenheit auseinandersetzen und sich den Fragen und Unterstützungsersuchen ehemaliger Bewohnerinnen und Bewohner stellen sowie die in seinen Möglichkeiten liegende Unterstützung leisten.

Rede auf der Plenarsitzung der Verbandsversammlung 2006
des LWV Hessen am 5. April 2006
(Redner: Herr Holger Heupel, Fraktionsvorsitzender Bündnis90/DIE GRÜNEN
im Landeswohlfahrtsverband Hessen)

ZDF, 30.März 2006
Elke Meister, Michael Peter Schiltsky und Peter Wensierski zu Gast bei
Johannes B. Kerner
Die Sendung ansehen...

Stellungnahme der EKD vom 22. März 2006

Als Antwort auf unser Schreiben an den Ratsvorsitzenden der EKD Bischof Dr. Wolfgang Huber vom Februar schrieb uns der Präsident des Kirchenrates Dr. Hermann Barth, der von Bischof Dr. Wolfgang Huber gebeten worden war, sich der Sache anzunehmen unter anderem:

"... die Informationen und Erkenntnisse, die in den letzten Wochen durch die Diskussion um das Leiden ehemaliger Heimkinder auch in evangelischen Einrichtungen vermittelt worden sind, liegen vielen Menschen in der evangelischen Kirche schwer auf der Seele...... Was damals in Einrichtungen der Erziehungspflege und der Heimfürsorge geschehen ist, war Unrecht und kann weder mit dem Zeitgeist noch mit irgendeinem vernünftigen Verständnis von Pädagogik erklärt werden, darüber sind wir uns alle einig.. ......

Es ist keine Frage, dass diejenigen, die heute Verantwortung in der Kirche tragen, sich dafür schämen, was damals in Einrichtungen geschehen ist, die den Namen "evangelisch" tragen oder getragen haben. Der Rat hat den Präsidenten des Diakonischen Werkes der EKD, Dr. Jürgen Gohde, gebeten, auch im Namen der EKD die damaligen Ereignisse aufzuarbeiten und Begegnungen zwischen den durch die damaligen Ereignisse traumatisierten Menschen und denen, die heute in den Einrichtungen arbeiten, zu ermöglichen. Das Diakonische Werk beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema und bemüht sich darum, dass betroffene diakonische Einrichtungen ihre Archive für Nachforschungen öffnen. Nach bisherigem Kenntnisstand gehörten die evangelischen Einrichtungen der Heimfürsorge und Erziehungspflege, in denen es zu den beklagenswerten Missständen gekommen ist, zum Diakonischen Werk, deshalb erscheint es uns als der richtige Weg, das Diakonische Werk mit der Aufarbeitung zu betrauen....... Das Diakonische Werk, dies hat sein Präsident dem Rat bestätigt, wird alles für einen transparenten Aufarbeitungsprozess Nötige tun und sich damit diesem Aspekt seiner Geschichte stellen. Damit soll den Menschen, die Opfer geworden sind, Gelegenheit gegeben werden zur Darstellung ihrer Erfahrungen, und eine Situation herbeigeführt werden, in der es möglich sein könnte, auf der Ebene der unmittelbar Betroffenen und Handelnden um Entschuldigung zu bitten und Entschuldigung zu gewähren. Der Rat weiß, dass das für die Betroffenen eine entlastende, auch heilende Bedeutung haben kann.

Es geht insgesamt darum, die Opfer in ihrer Integrität und Glaubwürdigkeit wahrzunehmen und ein Gespräch über die Geschichte und die Tradition der Gewalt nicht nur in der Fürsorgeerziehung möglich zu machen. Das Buch von Peter Wensierski und die öffentliche Diskussion eröffnen eine vielleicht letzte Chance, die Aufarbeituno der Fürsorgeerziehung aktiv anzugehen, weil sowohl diejenigen, die als Erzieher oder Mitarbeiter in diesem Feld tätig waren, als auch die Menschen, die Traumata davongetragen haben, noch miteinander ins Gespräch kommen können. Ein Weg in die Zukunft lässt sich nur mit den Betroffenen finden......"

Wir sind im Gespräch mit dem Präsidenten des Diakonischen Werkes der EKD, Dr. Jürgen Gohde. Herr Dr. Gohde hat sich bereits ausführlich informiert und intensiv mit der Problematik befasst. Wir können sagen, dass der Diakonie zweifellos an einer ernsthaften Aufarbeitung gelegen ist und man sich auch bemüht zeigt, diese schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.

Bischof Dr. Wolfgang Huber
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

äüßerte sich innerhalb seines Vortrages:

Bilden als Beruf – Lehrer sein in evangelischer Perspektive

auf dem Tag der Lehrerinnen und Lehrer in der Evangelischen Kirche von Westfalen
am 10. März 2006 in Dortmund unter anderm:

" .....Das sind starke Worte. Denn man darf nicht vergessen: Das war eine Zeit, in der in den Schulen die Prügelstrafe noch an der Tagesordnung war und in vielen Heimen und Erziehungsanstalten – auch in evangelischer Trägerschaft – eine erschreckende Unfreiheit herrschte. Erst jetzt finden etliche Betroffene den Mut und die Kraft, über das dort Erlittene zu sprechen. Es erfüllt uns mit Scham, was dabei zutage tritt. Aber wir dürfen uns davor nicht verschließen; denn wenn dieses Unrecht nicht beim Namen genannt wird, wird die Würde der betroffenen Menschen heute genauso verletzt wie damals. .....!

Dienstag, 21. März 2006 kam um 17.05 Uhr im SWR2 Forum

Demütigung und Angst - Heimerziehung in der Nachkriegszeit

Es diskutierten:
Prof. Dr. Sabine Pankofer, Psychologin, Katholische Stiftungsfachhochschule München;
Michael-Peter Schiltsky, Bildhauer, Berater im "Verein ehemaliger Heimkinder";
Peter Wensierski, Journalist und Publizist;
Moderation: Eggert Blum

anhören: http://mp3.swr.de/swr2/forum/swr2_forum_210306.6444m.mp3

Am 20.3. 2006,sendete das NDR Fernsehen um 22.30 einen Filmbericht im “Kulturjournal”
Schläge statt Segen - Heimkinder in Deutschland

Am 17. März 2006 um 22 Uhr kam im SWR- Fernsehen in der Sendung “Nachtcafé”
Glaube zwischen Lebenshilfe und Wahn.

Gäste in der Sendung: Bruder Paulus Terwitte, Kapuzinermönch
Michael Schmidt-Salomon, bekennender Atheist
Sabine Müller, war bei den "Zeugen Jehovas"

Elke Meister, lebte im katholischen Fürsorgeheim
Rosi Gollmann, "Mutter Theresa Deutschlands"
Reza Hajatpour, ehemaliger Mullah
Michael Geymeier, vom Wohnungslosen zum Heilsarmeoffizier

Radio Vatikan brachte am 7. März 2006 folgende Meldung:

Deutschland: Ex-Heimkinder stellen Forderungen an Bischöfe

Ehemalige Heimkinder aus katholischen Einrichtungen haben die Deutsche Bischofskonferenz zur Aufarbeitung der dort bis in die 70er Jahre üblichen Erziehungspraxis aufgefordert. «Geben Sie den ehemaligen Heimkindern ihre Würde zurück!», heißt es in einem heute in Berlin veröffentlichten Offenen Brief.
Damit wandte sich der 2004 gegründete Verein ehemaliger Heimkinder (Vehev) an den Konferenz-Vorsitzenden Kardinal Karl Lehmann. Es gehe um eine «längst fällige» Aufarbeitung unter Einbeziehung der Betroffenen. Die Bischofskonferenz solle dafür Sorge tragen, dass in beteiligten Einrichtungen keine Akten vernichtet würden. Der Verein fordert zudem, dass Betroffenen auf Anfrage freie Einsicht
in ihre Akten gewährt werde. Zudem sollten die Einrichtungen, in denen Jugendliche erzwungene unbezahlte Arbeit hätten leisten müssen, dies entsprechend bescheinigen.
(kna 06.03.06 hr)

Die Katholische Nachrichten Agentur meldete am 6. März 2006 :

Ehemalige Heimkinder stellen Forderungen an Bischöfe

Berlin (KNA) Ehemalige Heimkinder aus katholischen Einrichtungenhaben die Deutsche Bischofskonferenz zur Aufarbeitung der dortbis in die 70er Jahre üblichen Erziehungspraxis aufgefordert."Geben Sie den ehemaligen Heimkindern ihre Würde zurück!", heißt es in einem am Montag in Berlin veröffentlichten Offenen Brief. Damit wandte sich der 2004 gegründete Verein ehemaliger Heimkinder (Vehev) an den Konferenz-Vorsitzenden Kardinal Karl Lehmann. Es gehe um eine "längst fällige" Aufarbeitung unter Einbeziehung der Betroffenen.

Die Bischofskonferenz solle dafür Sorge tragen, dass in beteiligten Einrichtungen keine Akten vernichtet würden. Der Verein fordert zudem, dass Betroffenen auf Anfrage freie Einsicht
in ihre Akten gewährt werde. Zudem sollten die Einrichtungen, in denen Jugendliche erzwungene unbezahlte Arbeit hätten leisten müssen, dies entsprechend bescheinigen. Solche Arbeit wäre nach heutiger Sichtweise sozialversicherungspflichtig gewesen. Mit einer Bescheinigung könnten ehemalige Heimkinder die Korrektur des Versicherungsverlaufes bei den zuständigen staatlichen Stellen beantragen.

Engagement der Caritas

Laut einem vor wenigen Wochen erschienenen Buch von "Spiegel"-Autor Peter Wensierski wurden bis Mitte der 60er Jahre hunderttausende Kinder und Jugendliche auch in kirchlichen Heimen schikaniert. Ältere Jugendliche hätten für minimale Löhne arbeiten müssen und seien nicht sozialversichert gewesen, heißtes in der Veröffentlichung "Schläge im Namen des Herrn". Daraufhin hatte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Peter Neher, Unterstützung für ehemalige Heimkinder bei der Aufarbeitung angekündigt. Es sollten auch alle Möglichkeiten erkundet werden, nachgewiesene Arbeitszeiten bei der Berechnung der Rentenansprüche zu berücksichtigen. Der Verein der Heimkinder verweist in seinem Schreiben an die Bischöfe nun auf die Ankündigung des Prälaten.

Offener Brief an die Deutsche Bischofskonferenz am 6. März 2006

Appell betroffener ehemaliger Heimkinder an die Deutsche Bischofskonferenz

Sehr geehrte Bischöfe,

in einem Resolutionsantrag des Landeswohlfahrtsverband Hessen heißt es u. a.:
"Der Landeswohlfahrtsverband Hessen erkennt an, dass bis in die 70er Jahre auch in seinen Kinder- und Jugendheimen eine Erziehungspraxis stattgefunden hat, die ..... aus heutiger Sicht erschütternd ist.
Der LWV bedauert, dass vornehmlich in den 50er und 60er Jahren Kinder und Jugendliche auch in seinen Heimen alltäglicher physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt waren.
Der Landeswohlfahrtsverband spricht sein tiefstes Bedauern über die damaligen Verhältnisse in seinen Heimen aus und entschuldigt sich bei denjenigen ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern, die körperliche und psychische Demütigungen und Verletzungen erlitten haben. Der LWV wird sich weiterhin offensiv mit diesem Kapitel seiner Vergangenheit auseinandersetzen und sich den Fragen und Unterstützungsersuchen ehemaliger Bewohnerinnen und Bewohner stellen sowie die in seinen Möglichkeiten liegende Unterstützung leisten."

Der Verein ehemaliger Heimkinder e. V. bittet die Deutsche Bischofskonferenz, auch Bezug neh-mend auf das vorangegangene Schreiben an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Karl Kardinal Lehmann, eine entsprechende Erklärung abzugeben, die Heime betreffend, die dem damaligen Verantwortungsbereich der katholischen Kirche und ihrer Unterorganisationen zuzuordnen sind.

Tragen Sie Sorge dafür, dass keine Akten mehr vernichtet werden und den Betroffenen auf Anfrage freie Einsicht in Ihre Akten gewährt wird.

Fordern Sie die Einrichtungen, in welchen Jugendliche erzwungene, unbezahlte Arbeit haben leisten müssen, die nach heutiger Sichtweise sozialversicherungspflichtig gewesen wäre auf, Bescheinigungen auszustellen, in welchen dieser Tatbestand benannt wird. Damit geben Sie den Betroffenen eine Möglichkeit, die Korrektur des Versicherungsverlaufes bei LVA oder BfA beantragen zu können. (Seitens der Caritas Deutschland ist eine entsprechende Empfehlung bereits durch Monsignore Dr. Peter Neher ausgesprochen worden.)

Finden Sie eine Lösung für das Problem, wie mit der Tatache umzugehen ist, dass Kinder (bis 14 Jahre) zu täglicher, mehrstündiger Kinderarbeit gezwungen wurden. (Gemeint ist Arbeit, die von korrekt bezahlten Arbeitskräften hätte geleistet werden müssen, wäre sie nicht von den Kindern ausgeführt worden.) Kinderarbeit war auch nach damaliger Rechtsordnung verboten!

Kinder und Jugendliche, welche in den 50er-70er Jahren der Fürsorge von Staat und Kirche unterstellt wurden, fanden nicht die Barmherzigkeit des Samariters, von dem Benedikt XVI in seiner Enzyklika DEUS CARITAS EST unter Punkt 25 spricht, sondern viel zu häufig Missachtung und Misshandlung.

Die Universalität der Liebe, der Dienst der Liebe wurde ihnen nicht zu Teil. In vielen Fällen wurden sie so behandelt, wie es Karl Kardinal Lehmann in seinen Ausführungen im SWR vom 9. März 2003 zum Thema „Folter und Menschenwürde“ benannt hat:
Ihnen wurden vorsätzlich große körperliche und seelische Schmerzen zugefügt. Ihnen widerfuhr unsägliches Leid. Ihnen wurde ihre Würde genommen!

Die Fähigkeit zur Vergebung ist, abgesehen davon, dass Ihr im Christentum ein hoher Wert zugemessen wird, ein wesentlicher Schritt auf dem Weg, das Leid, dass einem Menschen zugefügt wurde, in sich zu lindern, es gar zu überwinden, denn Vergebung befreit und öffnet neue Horizonte. Doch es bedarf schon der Kraft eines Heiligen, vergeben zu können, ohne die Reue oder die Einsicht des ehemaligen Peinigers in sein schuldhaftes Verhalten vermittelt zu bekommen. Da Heimkinder in diesem Sinne aber nur fehlbare Menschen und somit gewiss keine Heiligen sind, wäre das Eingeständnis der Schuld und die Bitte um Vergebung durch die Verantwortlichen beziehungsweise deren Rechtsnachfolger ein hilfreicher Akt, den steinigen Weg der Bewältigung des erlittenen Leides gangbarer zu machen.

Eine Erklärung von höchster Stelle tut Not, damit die in der kirchlichen Hirarchie weiter unten angesiedelten Institutionten und Personen - zum Beispiel die Orden - erkennen können, dass es auch für Sie, als direkt Beteiligte an den damaligen Ereignissen, an der Zeit ist, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Von dort kommt bisher, von rühmlichen Einzelfällen abgesehen, die Aussage: „Das können wir nicht entscheiden, das muss an höherer Stelle entschieden werden.“
In diesem Sinne fordert der Verein ehemaliger Heimkinder e.V. die Deutsche Bischofskonferenz auf:

Folgen Sie im Verlauf Ihrer Frühjahrskonferenz 2006 dem Beispiel des LWV Hessen, helfen Sie den ehemaligen Heimkindern bei ihrer Suche, einen Weg zu finden, vergeben zu können und sich von dem, nach wie vor auf ihnen lastenden Leidensdruck und dem weiterhin andauernden Stigma „Verwahrlost“ und „Heimkind“ zu sein, zu befreien!

Geben Sie den ehemaligen Heimkindern ihre Würde zurück!

Setzen Sie sich sodann mit uns und den anderen Verantwortlichen in Staat und Bruderkirche an den „Runden Tisch“, damit wir miteinander einen Weg finden können, den Betroffenen, bei der Bewältigung ihrer Traumata und ihrer Alltagsprobleme zu Helfen und die längst fällige Wissenschaftliche Aufarbeitung unter Einbeziehung der Betroffenen zu ermöglichen. Fordern Sie mit uns und fördern Sie für uns die Einrichtung einer entsprechenden bundesweiten Stiftung.

Mit freundlichem Gruß
und besten Wünschen zur Arbeit

Michael-Peter Schiltsky

Stellungnahme
von Pfarrer Wolfgang Wagner
Evangelische Akademie Bad Boll
vom 24. Februar 2006

3. März 2006
Buchvorstellung in Kassel
Willi-Seidel-Haus (Haus der Jugend), Mühlengasse 1, 19.30 Uhr

Buchvorstellung "Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik".

Im Gespräch mit dem Autor: Prof. Sabine Hering (Universität Siegen), Volkhardt Strutwolf (Leiter des Jugendamtes der Stadt Kassel)
Moderation: Markus Desaga (DVA)
Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Buchhandlung Vaternahm und dem Jugendamt der Stadt Kassel
 

16. März 2006
Leipziger Buchmesse, 14 Uhr
Veranstaltung am Spiegel-Stand

Am 7. Februar 2006 berichtete

Frontal 21

(ZDF 21 Uhr)

anlässlich des Erscheinens des Buches von Peter Wensierski unter dem Titel:

Prügel im Namen Gottes - Die dunkle Geschichte kirchlicher Jugendheime

über ehemalige Heimkinder. Die Sendung kann man hier anschauen:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/15/0,4070,3892495-0,00.html

Am 13. Februar 2006 ist das Buch

von

Peter Wensierski

"Schläge im Namen des Herrn"

Die verdraengte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik

erschienen

DVA

ISBN 342105892X

Mehr dazu in:

www.spiegel.de

oder direkt zu


http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,400215,00.html

In der Wochenzeitung DIE ZEIT, 9.Februar 2006:

Vorabdruck zum Buch als Zeit-Dossier
“Das Leid der frühen Jahre - Hunderttausende von Kindern wurden in Heimen der jungen Bundesrepublik misshandelt. Die größte Verantwortung trifft die Kirche.”

Knabenheim Westuffeln